Politik

SPD dominiert Klausurtagung der Bundesregierung Leise regiert's sich im Schnee

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Seit Wochen preschen die neuen Minister mit Ideen und Visionen für ihre Amtszeit vor. Nun wird das Stimmenwirrwarr geordnet. Die CDU-Minister schauen erst einmal nur zu.

Während Berlin von einer glitschigen Eisschicht bedeckt ist und jeder Schritt zum Sturz führen kann, ist die Lage in Brandenburg ganz anders: Hier liegt schon richtig Schnee, die Temperaturen könnten in den nächsten Tagen unter  minus 10 Grad fallen. Beste Bedingungen also, um sich in ein altes Schloss zurückzuziehen und einander besser kennenzulernen. Zwei Tage lang will die Bundesregierung in ihrem Gästehaus Schloss Meseberg beisammensitzen. "Es geht auch darum, sich persönlich besser kennenzulernen und Vertrauen für die künftige Zusammenarbeit zu schaffen", sagt Regierungssprecher Steffen Seibert. "Dafür ist der Tagungsort fernab des hektischen Politikalltags bestens geeignet." Eine dichte Schneedecke rund um das Schloss ist für das Teambuilding sicher nicht verkehrt.

Eine reine Kuschel-Veranstaltung wird die Klausursitzung aber sicher nicht. Jeder Minister soll seine wichtigsten Projekte für 2014 vorstellen, dann wird diskutiert. Einige der größten Projekte der Bundesregierung sollen zur Sprache kommen. Besonders die SPD will zeigen, dass sie sich gegen den übergroßen Koalitionspartner durchsetzen kann und nicht nur eine Nebenrolle spielt.

Ganz oben auf der Tagesordnung stehen darum Energie und Rente. Wenn sich Energieminister Sigmar Gabriel durchsetzt, könnte sein Gesetzentwurf schon während der Klausursitzung beschlossen werden - es wäre das erste Gesetzesvorhaben der neuen Regierung. Ziel ist es, das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz bis zum August in Kraft zu setzen. Es soll neu regeln, wie die Ökostromförderung über das Land verteilt wird und gleichzeitig die Strompreise bremsen.

Für die SPD ist das Thema enorm wichtig: Um es voranzubringen holte Gabriel das Thema Energie aus dem Umwelt- in das Wirtschaftsministerium und machte sich selbst zu dessen Chef. Sein Ziel ist, die komplexe Energiewende mit einem für alle Seiten annehmbaren Kompromiss zu Ende zu bringen. Nur, wenn er das schafft, hat er 2017 eine Chance, Angela Merkel als Kanzlerkandidat herauszufordern.

Rentenreform wird viel Geld kosten

Bislang stehen die Zeichen gut für Gabriel. Die CDU signalisiert ihre Zustimmung. Die von Gabriel vorgelegten Reform-Eckpunkte seien richtig, sagte Fraktionschef Volker Kauder bei n-tv. Es gehe darum, den notwendigen Strom zu erzeugen und die Kosten für die Verbraucher zu begrenzen. "Genau dies macht Sigmar Gabriel und da hat er unsere Unterstützung."

Etwas kritischer ist das Thema Rente. Auch hier prescht die SPD vor. Arbeitsministerin Andrea Nahles legte schon in der vergangenen Woche einen Gesetzentwurf auf den Tisch. Demnach sollen Mütter bessergestellt werden, wenn ihre Kinder vor 1992 geboren wurden. Außerdem sollen Arbeitnehmer schon mit 63 Jahren in Rente gehen können, wenn sie 45 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt haben. Beides kostet viel Geld, zusammen wohl 60 Milliarden Euro bis 2020. In den zehn Jahren danach würden weitere 100 Milliarden Euro dazukommen.

Die Union wird in Meseberg die Rente mit 63 nicht verhindern können, denn sie steht im Koalitionsvertrag. Immer wieder betonen CDU und CSU, dass sie diesen Vertrag als verbindlich ansehen. Doch sie werden darauf drängen, dass trotz der hohen Kosten keine neuen Schulden gemacht werden – denn das war ihr wichtigstes Wahlversprechen. Noch größere Probleme scheint aber eine ganz praktische Frage zu machen: Als Beitragsjahre sollen auch die Jahre angerechnet werden, in denen die Versicherten Arbeitslosengeld I erhielten, nicht aber solche Jahre, in denen sie Arbeitslosengeld II bekamen. Bislang erfasst die Deutsche Rentenversicherung das allerdings gar nicht. "Das ist nicht ganz einfach, wird aber gelingen", so Kauder.

CSU hat Streitthemen auf Lager

Die SPD hat damit ihre Pflöcke eingeschlagen. Gabriel will das Gesicht dieser Klausursitzung sein, so viel ist klar. Von Anfang an soll seine SPD als eigenständige Kraft wahrgenommen werden, die der Regierung ihren Stempel aufdrückt. Die CDU überlässt den Sozialdemokraten das Feld. Oder anders ausgedrückt: Noch immer offenbart Angela Merkel nicht, was ihr großes Projekt der neuen Legislaturperiode sein wird – wenn es denn eines gibt.

Innenminister Thomas de Maizière will sich um Sicherheit im Internet kümmern, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Bundeswehrreform voranbringen. Bei beidem geht es um das Fortschreiben von begonnenen Projekten, Richtungswechsel sind nicht vorgesehen - entsprechend niedrig sind diese Themen auf der Tagesordnung für Meseberg zu finden. Organisiert von der Leyen den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan einigermaßen geräuschlos, könnte sie sich dadurch ähnlichen viel Respekt verdienen wie sich ihr Kollege Gabriel durch die Energiewende erhofft. Wichtig ist noch der Haushalt von Finanzminister Wolfgang Schäuble, der 2015 keine neuen Schulden aufnehmen möchte. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wird die CDU aber auch damit nicht auf sich ziehen.

Erst einmal darf sich die SPD an ihren Lieblingsprojekten versuchen. Dass das erste Regierungsjahr besonders harmonisch verlaufen würde, ist trotzdem nicht zu erwarten. Dafür wird schon die CSU sorgen, sobald ihre Pläne für eine PKW-Maut und die strengere Reglementierung von Zuwanderung konkret werden.

Quelle: ntv.de

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