"Teuerste Lösung" droht Letzter Versuch
28.03.2008, 09:11 UhrIm festgefahrenen Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes wird es am Samstag in Potsdam einen letzten Einigungsversuch geben. Finden Arbeitgeber und Gewerkschaften bis Sonntag keinen Kompromiss, ist ab Mitte April ein bundesweiter Arbeitskampf wahrscheinlich. Nachdem die Gewerkschaften in der Schlichtung einen Vorschlag des früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth (CDU) abgelehnt hatten, herrscht vor der entscheidenden sechsten Tarifrunde Skepsis vor. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erwartet dennoch, dass solide weiterverhandelt wird.
Der ver.di-Tarifexperte Achim Meerkamp verteidigte die harte Haltung der Gewerkschaften. "Wir haben in der Schlichtung auch versucht, uns nach allen Seiten zu bewegen", sagte er dem rbb-Inforadio. Dies sei aber an der Haltung der Arbeitgeber gescheitert, die kein Interesse an einer Verhandlungslösung gehabt hätten. "Denn sie hatten ja den stimmberechtigten Schlichter." Nach Worten des Vorsitzenden der Tarifunion des Beamtenbundes dbb, Frank Stöhr, kann es ohne eine deutliche Erhöhung der Einkommen keine Einigung geben. "Der Schlüssel liegt bei den Arbeitgebern."
Die paritätisch besetzte Schlichtungskommission hatte ihre Empfehlung gegen die Stimmen von ver.di und der dbb Tarifunion verabschiedet. Ausschlaggebend war das Votum des stimmberechtigten und von den Arbeitgebern ernannten Schlichters Späth. Bund und Kommunen akzeptierten den Schlichterspruch, der über das bisherige Arbeitgeberangebot hinausgeht.
Nach dem Späth-Vorschlag sollen die Gehälter 2008 um vier und 2009 um weitere zwei Prozent steigen, die Arbeitszeiten der Bundesangestellten um eine halbe und die der Angestellten in den West-Kommunen um eine Stunde auf jeweils 39,5 Wochenstunden verlängert werden. Ferner sind zwei Einmalzahlungen und ein leichter Ausbau der Leistungsbezahlung vorgesehen.
Die Gewerkschaften, die acht Prozent, mindestens aber 200 Euro im Monat fordern, werteten das neue Arbeitgeberangebot weiterhin als unzureichend. Wenn die Arbeitgeber auf einer Laufzeit von 24 Monaten beharrten, müssten sie sich bei den Lohnprozenten nach oben bewegen. "Wir wollen nur eine reine Lohnrunde für 12 Monate", sagte Stöhr der dpa. Bei einem Abschluss "muss am Ende ein realer Lohnzuwachs stehen". Längere Arbeitszeiten lehnte Stöhr unter Hinweis auf die Belastung vieler Beschäftigten ab.
Mit seinem Schlichterspruch habe Späth versucht, "ein Ergebnis schön dazustellen, das nicht schön ist", sagte Stöhr. Die ab April angebotenen vier Prozent seien aufs Jahr umgerechnet nur drei Prozent. Unter Berücksichtigung längerer Arbeitszeiten und einer Einmalzahlung von 450 Euro errechnete Stöhr ein Einkommensplus von 2,8 Prozent, was aber nur für die unteren Einkommensgruppen gelte. Eine Krankenschwester könnte ihm zufolge für 2008 nur 1,8 Prozent und für 2009 lediglich 0,5 Prozent erwarten. Der Grund: Der Schlichterspruch will die 2006 gewährte Tarifzulage von 35 Euro anrechnen.
Aus Sicht des Bundesinnenministeriums verlangt der Schlichterspruch den Arbeitgebern einiges ab. Sollte er umgesetzt werden, müsste viel Geld in die Hand genommen werden, sagte Schäuble-Sprecher Stefan Paris.
Quelle: ntv.de