Ein Faktor weniger im Wahlkampf Lewinsky tut Clinton einen Gefallen
07.05.2014, 13:22 Uhr
Hillary Clinton schweigt zu ihren Karriereplänen.
(Foto: AP)
Fast 20 Jahre sind seit der Lewinsky-Affäre vergangen. Das Techtelmechtel ihres Mannes mit einer Praktikantin könnte noch immer eine Kandidatur von Hillary Clinton belasten. Doch mit ihrer Presse-Offensive bewirkt Lewinsky vielleicht das Gegenteil.
Es sind nur wenige Worte, die Monica Lewinsky in ihrem Artikel in der "Vanity Fair" über Hillary Clinton verliert. Sie nennt die Ehefrau von Präsident Bill Clinton noch nicht einmal beim Namen. Sie schreibt in ihrer ersten offiziellen Äußerung zu der inzwischen fast 20 Jahre zurückliegenden Affäre mit Bill Clinton lediglich, es sei an der Zeit, damit aufzuhören, "auf Zehenspitzen um meine Vergangenheit und um die Zukunft von anderen Leuten zu schleichen".
Doch vor allem die Bemerkung zur "Zukunft anderer Leute" beziehen politische Kommentatoren in Washington unmittelbar auf Hillary Clinton. Obwohl die frühere Außenministerin und First Lady sich offiziell noch nicht dazu geäußert hat, ob sie nach ihrer Niederlage im Vorwahlkampf 2008 noch einmal antreten will, gilt sie als Favoritin für die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten im Jahr 2016. Das "Time"-Magazin sieht sie nach zwei Wahlkämpfen an der Seite ihres Mannes nun bereit für ihren eigenen. Hillary Clinton sei bestens vernetzt und schon jetzt sei ihr "privates Leben praktisch nicht zu unterscheiden von ihrem Leben als Kandidatin".
Auch wenn Lewinsky dies möglicherweise gar nicht beabsichtigt hat, könnte sie Clinton mit ihrer jetzigen Erklärung einen großen Gefallen getan haben. So jedenfalls sieht es nicht nur die Kommentatorin der "Washington Post". In allen bisherigen Wahlkämpfen, die Clinton, Hillary wohlgemerkt, bestritten hat, ließen die Republikaner das Thema außen vor. Nicht aus Taktgefühl, ist zu vermuten, sondern aus Kalkül.
Beste Chancen auf die Kandidatur
So wurde Clinton Senatorin und Außenministerin. Die Frau, deren Mann sie durch sein Verhalten öffentlich gedemütigt hatte, wirkte stärker und souveräner denn je. Die Tatsache, dass sie ihrem Mann vergeben hat, ließ sie außerdem auch noch menschlich erscheinen. Dass die Amerikaner 2009 eher einen afroamerikanischen Mann als eine Frau zum Präsidenten wählen wollten, hatte nichts mit Clintons Fähigkeiten für dieses Amt zu tun.
Für 2016 werden ihr jedenfalls die besten Chancen vorausgesagt, den Vorwahlkampf der Demokraten für sich zu entscheiden. Spätestens dann könnten die Republikaner auf die Idee kommen, die Lewinsky-Affäre gegen Clinton zu verwenden. Schon die Ankündigung ihrer Tochter Chelsea, sie erwarte ihr erstes Kind, hatte zu einer absurden Debatte geführt, ob man Großmutter und Präsidentin gleichzeitig sein könne.
Als Medien im Februar aus dem Nachlass einer engen Freundin Clintons zitierten, dass die frühere First Lady Lewinsky vor Jahren als "narzisstische bekloppte Witzfigur" bezeichnet hatte, war das Thema jedenfalls sofort wieder da. "Wenn das das Schlimmste ist, was sie über mich sagt, hab ich Glück", sei ihr erster Gedanke gewesen, als sie davon hörte, schreibt Lewinsky nun. Zudem habe Clinton ihrer Bekannten Diane Blair anvertraut, dass sie sich selbst teilweise die Schuld an der Affäre gab, weil sie ihren Gatten emotional vernachlässigt habe. Der republikanische Senator Rand Paul stellte kürzlich über seine Frau Kelley fest, Bill Clinton habe sich wie ein "sexuelles Raubtier" verhalten. Man dürfe es ihm nun nicht so leichtmachen, wieder ins Weiße Haus zurückzukehren, auch nicht als "erster Ehemann der Nation". Gegenüber NBC legte Rand Paul nach und erklärte die Lewinsky-Affäre zum "Faktor" für den Fall einer Kandidatur von Hillary Clinton.
Nicht nachtragend
Lewinskys Leben war nach dem berühmten Praktikum im Weißen Haus nicht gerade eine Erfolgsgeschichte. Dennoch beharrt sie auch heute noch darauf, dass es sich bei der Beziehung mit Bill Clinton um eine "im gegenseitigen Einverständnis" gehandelt habe. Nach der Liebesaffäre sei es aber zu einem "Missbrauch" gekommen, als sie zum "Sündenbock" gemacht worden sei, um "seine Machtposition zu schützen".
Trotz ihres abgeschlossenen Psychologie-Studiums hat sie beruflich nicht Fuß fassen können. Sie habe sich immer wieder um Jobs im Bereich Kommunikation und Marketing bemüht, sei wegen ihrer "Vorgeschichte" von Arbeitgebern aber abgelehnt worden. "Ich war nie 'ganz richtig' für die Position", schreibt sie. Oft genug sei der Ablehnungsgrund gewesen, dass sie für den neuen Job Veranstaltungen besuchen müsste, bei denen die Presse anwesend wäre.
Trotzdem habe sie Angebote abgelehnt, die ihr "mehr als zehn Millionen Dollar" eingebracht hätten, weil "es sich nicht so anfühlte, als sei es das Richtige". Man kann sich vorstellen, welcher Art diese Angebote waren. Später versuchte sich die Ex-Praktikantin an einem eigenen Handtaschen-Label und entwickelte ein Diät-Programm. Noch heute werde sie auf der Straße erkannt, immer wieder griffen Medien ihre Geschichte auf. Lewinsky hat nie geheiratet. Wegen des Spotts, dem sie sich weltweit ausgesetzt sah, habe sie zeitweise Selbstmordgedanken gehegt, verrät Lewinsky in dem Artikel.
Geld für Schweigen?
Doch nun sei es an der "Zeit, das Barett zu verbrennen und das blaue Kleid zu beerdigen", erklärt Lewinsky in Anspielung auf zwei Kleidungsstücke, die während des Skandals zu zweifelhafter Berühmtheit gelangten. Mit 40 Jahren wolle sie dieses Kapitel ihres Lebens nun endlich hinter sich lassen und eröffnet damit auch den Clintons die Möglichkeit, damit abzuschließen.
Zumal Lewinsky ausdrücklich Spekulationen zurückwies, dass sie im Gegenzug für ihr Schweigen in den vergangenen Jahren von den Clintons Geld erhalten habe. "Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein", betonte sie. Wenn die Frau, deren Leben auf immer mit der Clinton-Affäre verbunden sein wird, den Clintons vergibt, dann dürfte dieses Thema erledigt sein. Und zwar bevor Hillary Clinton ihre Entscheidung über eine mögliche Präsidentschaftskandidatur überhaupt bekanntgegeben hat.
Quelle: ntv.de