Wahlkampf im Bierzelt Lindner und die "neue FDP-Erfahrung"
04.09.2017, 17:34 Uhr
Das politische Frühschoppen auf dem Gillamoos-Volksfest wird besonders in Wahljahren zur Bühne für Wahlkämpfer. Kanzlerkandidat Martin Schulz spricht über sein Aussehen, während Christian Lindner das TV-Duell kritisiert.
Es sei eine "neue FDP-Erfahrung", keine Sitzplätze vor Wahlen mehr frei zu haben, erklärt FDP-Chef Christian Lindner angesichts des vollen Bierzeltes auf dem Gillamoos-Volksfest in Abensberg in Niederbayern. Dort findet der politische Frühschoppen statt, der besonders von Wahlkämpfern der kleinen Parteien genutzt wird, um im CSU-Stammland die Wahlwerbetrommel zu rühren. Außer Lindner sind auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, Grünen-Chef Cem Özdemir und CSU-Befürworter Karl-Theodor zu Guttenberg da. Und wie Lindner haben sie volle Zelte vor sich.
Angesichts des TV-Duells zwischen Angela Merkel und Martin Schulz versucht Lindner, das Programm seiner Partei deutlich von dem der SPD und der CDU abzuheben. "Jeder sollte selbst und individuell entscheiden können, wie er den Übergang in den Ruhestand anlegt", sagt er. Damit stellt er sich entgegen der Ansagen der Kanzlerkandidaten, es werde keine Rente mit 70 geben.
Laut Lindner ist die FDP eine "Partei der sozialen Marktwirtschaft" - "wer fleißig ist, muss etwas erreichen können", erklärt er. Über die Fernsehdebatte äußert er sich kritisch: Für ihn war es eher ein "Bewerbungsgespräch" für die nächste Große Koalition. "Das war kein Duell, das war ein Duett, das hätten die sich schenken können, das hätten wir nicht gebraucht."
Bei den Grünen steht auf dem Gillamoos die Umwelt im Mittelpunkt. Cem Özdemir greift in seiner Rede das Thema Diesel auf – dieser müsse nachgerüstet werden, und zwar von denen, "die die Schweinerei zu verantworten haben". Daneben fordert er, dass die 20 dreckigsten Kohlekraftwerke des Landes abgestellt werden. Auch eine Attacke auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan lässt Özdemir nicht aus. "Er nimmt deutsche Geiseln in der Türkei und will sie nach Vorbild eines Mafiosi eintauschen", sagt er.Doch Özdemir wettert nicht nur gegen Erdogan, sondern auch gegen die AfD. Diese treten nicht auf dem Gelände des Volksfestes auf, sondern auf einem Platz in der Nähe, wo laut dem Bayerischen Rundfunk 250 Besucher erwartet werden. Die AfD beleidige die Werte Deutschlands, so Özdemir.
Schulz ist angriffslustiger
Im Zelt der SPD erklärt Kanzlerkandidat Schulz: "Die AfD ist keine Alternative für Deutschland, sie ist eine Schande für unsere Nation." Mit dem Thema soziale Gerechtigkeit greift Schulz in Niederbayern auch Bereiche auf, die einige Zuschauer bei der Fernsehdebatte vermisst haben. Zudem zeigt er sich angriffslustiger als noch im Duell mit Merkel: "Es gibt jemanden, der will die Vergangenheit verwalten, das ist Angela Merkel - es gibt jemanden, der will die Zukunft gestalten, der heißt Martin Schulz", sagt der SPD-Kandidat. Mit Selbstironie spricht er von Tipps zu seinem Aussehen auf, die ihm im Wahlkampf zugeschickt worden wären. Seine Brille habe man kritisiert, seine Halbglatze, den Bart und die Anzüge von der Stange. Aber auch jemand mit Bart, Glatze und Kassengestell könne Bundeskanzler werden.
Dass CSU-Redner Guttenberg keine Ambitionen für ein Comeback habe, gab er schon in der Talkshow von Anne Will zu verstehen. "Ich stehe nicht zur Wahl, und da werden viele in diesem Land sagen: Gott sei Dank", sagt er. Im vollen Zelt der CSU spricht Guttenberg vor allem über die Außenpolitik und verliert scharfe Worte gegen den US-Präsidenten. Trump sei jemand, der nicht wisse, wie man Bier schreibt. Man müsse aber Kontakte zu den Vernünftigen in Trumps Kabinett knüpfen, "für eine Zeit, in der dieser blonde Schachtelteufel sein Amt mal verlassen hat."
Quelle: ntv.de, pzi/AFP