Politik

Grüne wollen sondieren Linke kritisiert Ramelow

Mit seinem Verzicht auf das Amt des Regierungschefs in einer rot-rot-grünen Koalition hat Bodo Ramelow zwar eine entscheidende Weiche für ein linkes Bündnis in Thüringen gestellt – allerdings mit der offenbar eigenmächtig getroffenen Entscheidung die eigene Partei verstört.

Es war wohl eine einsame Entscheidung, die Bodo Ramelow getroffen hat.

Es war wohl eine einsame Entscheidung, die Bodo Ramelow getroffen hat.

(Foto: dpa)

"In der Partei ist diese Option nicht diskutiert worden", stellte Landesparteichef Knut Korschewsky in Erfurt klar. Der Spitzenkandidat habe "eine Option für sich" deutlich gemacht.

Aus dem Fakt, dass die Linke in einem rot-rot-grünen Bündnis die mit Abstand stärkste Fraktion stelle, ergebe sich ihr Vorschlagsrecht für einen künftigen Ministerpräsidenten, bekräftigt Korschewsky.

Linke beharrt auf Vorschlagsrecht

Unterstützung erhielt er von der Bundespartei. Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, beharrte darauf, dass der Vorschlag für die Besetzung des Ministerpräsidentenpostens von den Linken kommen müsse. "Und wenn Bodo Ramelow es nicht mehr macht - das will ich ja gar nicht glauben - dann wird es einen anderen geben", sagte Gysi im rbb-Rundfunk. "Wenn wir das Recht aufgeben, dann brauchen wir doch gar keine Spitzenkandidaten mehr aufzustellen."

Parteichef Oskar Lafontaine setzt im "Hamburger Abendblatt" noch eins drauf: "Wer weniger Stimmen hat als andere, kann nicht sagen, er will Regierungschef werden. Da könnte genauso Guido Westerwelle sagen, er möchte Kanzler bei einer schwarz-gelben Mehrheit werden." Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch sagte, Ramelow könne "nicht auf ein Amt verzichten, das er gar nicht hat". Am Ende möglicher Koalitionsverhandlungen werde ein Landesparteitag "souverän" auch über die Besetzung des Ministerpräsidentenamtes entscheiden.

SPD hält an Matschie fest

SPD-Landesvorsitzender Christoph Mitschie will allerdings nicht auf den Posten als Regierungschef verzichten.

SPD-Landesvorsitzender Christoph Mitschie will allerdings nicht auf den Posten als Regierungschef verzichten.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Korschewsky forderte die SPD auf, Klarheit darüber zu schaffen, ob sie ein rot-rot-grünes Bündnis an der Personalfrage scheitern lassen wolle. Die SPD müsse für sich klären, ob sie auf ihrem Landeschef Christoph Matschie als Ministerpräsidenten beharren wolle. "Wir haben immer gesagt, dass wir keinen Ministerpräsidenten der Linken wählen", so SPD-Landesgeschäftsführer Jochen Staschewski. Die SPD halte an ihrem Kandidaten Matschie fest.

Dennoch ist für die SPD im Freistaat mit dem Verzicht von Ramelow eine "wichtige Hürde" für eine mögliche rot-rot-grüne Koalition genommen. Damit seien Sondierungsgespräche, in die auch die Grünen einbezogen werden sollen, leichter geworden, sagte Staschewski.

Grüne wollen ausloten

Grünen-Landesvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich will die Steigbügel weder für Linke noch für die SPD halten.

Grünen-Landesvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich will die Steigbügel weder für Linke noch für die SPD halten.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Landessprecherin der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, äußerte Respekt für die Entscheidung von Ramelow. Die Konsequenzen daraus müssten in den kommenden Sondierungsgesprächen besprochen werden. Die Grünen entschieden, dass sie mit Linken und SPD die Möglichkeiten für eine Koalition ausloten wollen. FDP-Fraktionschef Uwe Barth sprach dagegen von einem unwürdigem Schauspiel. Mit der Debatte, wer nun Ministerpräsident ist und wer es nach Dieter Althaus (CDU) werden soll, machten sich die Thüringer Parteien lächerlich. "Binnen drei Wochen ist Thüringen zu der Bananenrepublik des Ostens verkommen."

Politisches Neuland

Ramelow will eine neue Politik in Thüringen - mit den Grünen als gleichberechtigtem Partner.

Ramelow will eine neue Politik in Thüringen - mit den Grünen als gleichberechtigtem Partner.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ramelow hatte bei seinem Verzicht am Donnerstag vorgeschlagen, dass Linke, SPD und Grüne für eine Koalition "gleichberechtigt einen Personalvorschlag machen". Er sei sich bewusst, dass damit in Thüringen bei der Bildung einer Koalitionsregierung politisches Neuland beschritten werde. Ihm gehe es um einen Politikwechsel und eine Regierung, "die fünf Jahre hält", sagte der 53-Jährige. "Ich halte es nicht für ehrenrührig, ein guter Minister in einem reformorientierten Kabinett zu sein."

Sein Vorschlag richte sich vor allem an die Grünen. "Ich verstehe ihre Befürchtungen, in der Mitte eines Sandwiches zerrieben zu werden und plädiere für eine neue Form der Politik." Für ihn seien die Grünen kein Juniorpartner oder bloße Mehrheitsbeschaffer. "Wir brauchen sie für politische Projekte, dass sie Akzente setzen."

Kompromisskandidaten winken ab

Indirekt forderte Ramelow den SPD-Vorsitzenden Matschie auf, seine Ambitionen auf das Ministerpräsidentenamt ebenfalls fallen zu lassen. In den vergangenen Tagen waren immer wieder Kompromisskandidaten ins Spiel gebracht worden, unter anderem der parteilose Sprecher der Initiative für mehr Demokratie, Ralf Uwe Beck, und die Vizepräsidentin des Bundestages, Katrin Göring-Eckardt (Grüne). Neu hinzugekommen ist die ehemaligen SPD-Bundespräsidentenkandidatin Gesine Schwan. "Alle haben abgewunken", sagte Staschewski. "Ein solches Konstrukt funktioniert nicht."

Bei der Thüringer CDU ist Sozialministerin Christine Lieberknecht eine mögliche Kandidatin für den Posten an der Spitze des Freistaates.

Bei der Thüringer CDU ist Sozialministerin Christine Lieberknecht eine mögliche Kandidatin für den Posten an der Spitze des Freistaates.

(Foto: AP)

Die Linke stellt in dem Dreierbündnis mit 27 Abgeordneten die mit Abstand stärkste Fraktion. SPD und Grüne haben 18 beziehungsweise 6 Abgeordnete. Zusammen würden die drei Parteien mit 51 der 88 Sitze im Landtag auf eine klare Mehrheit kommen. Linke und SPD zusammen hätten nur eine Stimme Mehrheit. Die SPD führt Sondierungsgespräche über eine mögliche Koalition auch mit der CDU, die bei der Landtagswahl zweistellig eingebüßt hatte, mit 30 Abgeordneten aber weiterhin die stärkste Fraktion in den Landtag schickt.

Quelle: ntv.de, dpa

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