Mitgliederentscheid für Rot-Rot-Grün? Linke schlagen Mega-Basisvotum vor
26.09.2013, 10:22 Uhr
Am Wahlabend freuten sich Katja Kipping und Gregor Gysi über 8,6 Prozent.
(Foto: dpa)
Ablenkungsmanöver oder ernst gemeinte Offerte? Beinahe täglich legt die Linkspartei SPD und Grünen Lockangebote auf den Tisch. Das jüngste ist ein gleichzeitig stattfindender Mitgliederentscheid aller drei Parteien.
Die Linkspartei drängt SPD und Grüne immer stärker zu einer Zusammenarbeit im Bundestag. Parteichefin Katja Kipping schlägt jetzt sogar einen gemeinsamen Mitgliederentscheid über ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis vor. "Die sauberste Lösung wäre, wenn alle Parteien links der Mitte gemeinsam ihre Basis befragen würden, ob sie Rot-Rot-Grün oder Merkel Plus wollen", sagte Kipping den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Wir sind bereit zu sondieren."
Kipping erweiterte zugleich ihren Vorstoß, vor der Regierungsbildung mit der rot-rot-grünen Mehrheit im Bundestag einen gesetzlichen Mindestlohn durchzusetzen. "Wenn die soziale Veränderungsmehrheit trägt, können wir sehr schnell ähnliche Initiativen nachschieben. Wir könnten zum Beispiel gemeinsam das Betreuungsgeld abschaffen und das freiwerdende Geld in Kindergartenplätze investieren", sagte sie. "Jetzt ist die Stunde des Parlaments. Wir sollten sie nutzen."
Politiker von SPD und Grünen lehnten den Vorschlag ab. Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt sagte, die nächste Regierung werde an einem flächendeckenden Mindestlohn nicht vorbeikommen. Kippings Offerte sei dagegen "durchsichtig und setzt auf eine bundespolitische Zusammenarbeit von Rot-Rot-Grün, die es mit dieser Linkspartei nicht geben kann". Der designierte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der "taz", Kippings Vorschlag sehe nach "Effekthascherei" aus. "Den Niedriglohn-Empfängern ist ja nicht mit einer papiernen Resolution des Bundestags gedient, sondern nur mit einer gesetzlichen Garantie." SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sprach von "parteitaktischen Spielchen".
Tatsächlich kommt der Linken eine Debatte über Rot-Rot-Grün gelegen. Die Linksfraktion selbst befindet sich derzeit in einer Art Schwebezustand: Anfang Oktober soll die neue Fraktionsführung gewählt werden, der bisherige Fraktionschef Gregor Gysi gilt als gesetzt. Offen ist, ob Sahra Wagenknecht als Vertreterin des fundamentalistischen Flügels zu seiner Co-Vorsitzenden aufrückt. Bislang war Wagenknecht lediglich stellvertretende Fraktionsvorsitzende.
Zustimmung kam hingegen von Verdi-Chef Frank Bsirske. "Es ist eine ausgezeichnete Idee, jetzt die Gelegenheit zu nutzen, den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn auf den Weg zu bringen und mit 8,50 Euro einzusteigen, bevor in Koalitionsverhandlungen bindende Festlegungen getroffen wurden", sagte Bsirske der "Rheinischen Post". SPD, Grüne und Linkspartei haben im Bundestag eine rechnerische Mehrheit.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa