Schlapphüte in Cottbus Linke weiter im Visier
15.05.2008, 16:30 UhrDas Bundesamt für Verfassungsschutz wird die Linkspartei weiter beobachten und auch deren nächsten Bundesparteitag verfolgen. Das kündigte Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2007 an.
Der Grund dafür sei, dass die Linke nach ihrer Programmatik die herrschende Staats- und Gesellschaftsform überwinden wolle, so Schäuble. Es gebe offene extremistische Gruppierungen in der Partei. Unter diesem Blickwinkel werde auch der Bundesparteitag Ende Mai in Cottbus "zur Kenntnis" genommen, sagte Schäuble. Der Präsident des Verfassungsschutzes, Heinz Fromm, verwies zugleich darauf, dass sein Amt für diese Beobachtung nur sehr wenig Personal habe "und brauche".
Die Linke bezeichnete die Beobachtung als nicht hinnehmbar und verwies auf ihre Arbeit in zehn Landtagen, im Bundestag und im Europaparlament. "Die CDU ist offensichtlich nicht in der Lage, die politische Auseinandersetzung mit uns zu führen, sondern missbraucht hier die Behörde", sagte Linken-Geschäftsführer Dietmar Bartsch. "Der Verfassungsschutz schützt nicht das Grundgesetz, er dient als Instrument des Verfassungsfeindes im Innenministerium zur Bespitzelung und Diffamierung politischer Gegner", erklärte die Innenpolitikerin Ulla Jelpke. Der Verfassungsschutz solle deshalb abgeschafft werden. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) warf sie vor, den Rechtsstaat zu einem Überwachungsstaat umbauen zu wollen. "Bürgerrechte werden bereitwillig auf dem Altar der so genannten inneren Sicherheit geopfert", kritisierte sie.
Islamismus größte Bedrohung
Die größte Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands seien islamistische Terroristen, sagte Schäuble. Bisher sei es glücklicherweise nicht zu Anschlägen gekommen. Das liege an der guten Arbeit der deutschen Sicherheitsdienste, die geplante Anschläge vereitelt hätten. Es habe auch eine gute Kooperation mit Geheimdiensten anderer Staaten gegeben. Die Zahl der aktiven islamistischen Organisationen sei im vergangenen Jahr auf 30 angestiegen; die Zahl der Anhänger gar auf 33.000.
Fromm sagte: "Wir haben es mit einer Bedrohung zu tun, die sehr, sehr nah ist für Deutschland." Gründe dafür seien der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan und das Erstarken des Terrornetzwerks El Kaida. Gewaltbereite Islamisten versuchten laut Bericht auch in Deutschland, Anhänger zu rekrutieren.
Schäuble setzte sich erneut dafür ein, dass die Nachrichtendienste mehr Kompetenzen bei der Informationsbeschaffung bekommen. Dies sei eine Grundvoraussetzung für die Verhinderung von Anschlägen.
Die Zahl politisch motivierter Straftaten sank 2007 gegenüber dem Vorjahr leicht auf 28.538. Die Zahl rechtsextremer Gewalttaten ging leicht auf 980 zurück, die der linksextremen Gewaltdelikte auf 833. Als Neonazis wurden 4400 Personen gezählt, 200 mehr als 2006.
Rechtsextreme operieren international
Schäuble erläuterte, ein Großteil der links- und rechtsextremistischen Gewaltakte habe sich gegen Mitglieder der jeweils anderen Szene gerichtet. Links- und Rechtsextreme böten sich gegenseitig keinen Einhalt, sondern schaukelten sich vielmehr gegenseitig hoch.
Laut Schäuble operiert der Rechtsextremismus zunehmend grenzüberschreitend. Die Kooperation reiche von der Zusammenarbeit deutscher und polnischer Skinheads über eine gemeinsame Fraktion im Europäischen Parlament bis hin zum Austausch über das Internet. Die Rechtsextremisten setzten ihre Bemühungen fort, "sich in der Mitte der Gesellschaft einzunisten", etwa über die Organisation von Freizeitaktivitäten oder Nachhilfeunterricht.
Zu dem oft geforderten neuen Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD äußerte sich der CDU-Politiker erneut skeptisch, da die verfassungsrechtlichen Vorgaben für ein Parteiverbot sehr hoch seien. Ein solches Verfahren dürfe am Ende nicht zum Bumerang werden. 2003 war ein Verbotsverfahren in Karlsruhe gescheitert, weil sich herausgestellt hatte, dass ein Teil der Partei durch Mitarbeiter des Verfassungsschutzes gesteuert worden war. Schäuble sagte, für ein neues Verfahren müsste der Verfassungsschutz seine Verbindungsleute zunächst "abschalten".
Polizei warnt vor rechtsextremer Gewalt
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, warnte vor anhaltender Gewalt von Rechtsextremisten. "Die jungen Autonomen setzen auf reine Gewalt", sagte Freiberg der "Berliner Zeitung". "Das ist ein neues Phänomen." Die jungen Autonomen nähmen auf Menschenleben keine Rücksicht.
Quelle: ntv.de