Politik

Lockerbie-Täter wirbt für Gaddafi London weist Diplomaten aus

Der ehemalige libysche Geheimagent Al-Megrahi (l) sitzt im Rollstuhl während einer Pro-Gaddafi-Kundgebung in Tripolis.

Der ehemalige libysche Geheimagent Al-Megrahi (l) sitzt im Rollstuhl während einer Pro-Gaddafi-Kundgebung in Tripolis.

(Foto: Reuters)

Mit TV-Bildern des Lockerbie-Bombers Megrahi provoziert Libyens Machthaber Gaddafi die Briten. London erhöht den Druck, indem es den Rebellen deutlich mehr Handlungsspielraum gibt. Die Gaddafi-Diplomaten müssen aus Großbritannien abziehen.

Großbritannien hat den Druck auf Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi mit einem diplomatischen Schachzug erhöht und seine Unterstützung für Anti-Gaddafi-Rebellen untermauert. Von nun an werde der von den Rebellen gebildete Nationale Übergangsrat (NTC) als einzige legitime Vertretung Libyens formal anerkannt, sagte der britische Außenminister William Hague in London.

Regierungschef Al-Mahmudi lässt keinen Zweifel an der Position der libyschen Regierung.

Regierungschef Al-Mahmudi lässt keinen Zweifel an der Position der libyschen Regierung.

(Foto: REUTERS)

Die noch verbleibenden Diplomaten Gaddafis seien aus Großbritannien ausgewiesen worden. Medienberichten zufolge soll es sich um acht Botschaftsmitarbeiter handeln. Hague betonte, die Ausweisung des gesamten libyschen diplomatischen Mitarbeiterstabes sei ein bislang nicht dagewesener Schritt.

Zugang zu Geld

Dieser macht es möglich, dass bislang in London eingefrorene Mittel eines libyschen Ölkonzerns, der inzwischen vom Übergangsrat kontrolliert wird, in Höhe von 91 Millionen Pfund (103 Millionen Euro) freigegeben werden. Das Geld soll den Rebellen "für die Versorgung von Zivilisten in Libyen mit dem Wichtigsten" zur Verfügung stehen, darunter Benzin. Der Treibstoff war zuletzt im Öl-Land Libyen knapp geworden. In den kommenden Wochen soll weiteres Geld freigegeben werden.

Großbritannien könne der Opposition in Libyen durch den Schritt "größere praktische Unterstützung" zukommen lassen, erklärte Hague. Von nun an werde man mit dem Rat "auf derselben Ebene wie mit anderen Regierungen auf der Welt" zusammenarbeiten. "Indem wir den NTC als einzige Regierungsbehörde behandeln, gehen wir mit ihm um, als ob er der Staat Libyen ist."

Ein Treibstofflager in Misrata brennt. Die von den Rebellen gehaltene Stadt leidet unter chronischem Spritmangel.

Ein Treibstofflager in Misrata brennt. Die von den Rebellen gehaltene Stadt leidet unter chronischem Spritmangel.

(Foto: Reuters)

Bei einem Treffen der Libyen-Kontaktgruppe in Istanbul am 15. Juli habe man sich darauf geeinigt, den Rat als legitime Regierungsvertretung anzuerkennen. Zahlreiche westliche und arabische Länder, darunter die USA, Frankreich, Deutschland sowie die Türkei, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate hatten den Rat offiziell anerkannt. Ziel sei weiterhin, eine Übergangsregierung in Libyen einzurichten, die den Weg für freie und demokratische Wahlen im Land ebne.

Lockerbie-Attentäter vorgezeigt

Das libysche Staatsfernsehen hatte am Dienstag erstmals seit Beginn des Aufstands gegen das Gaddafi-Regime Bilder des Lockerbie-Attentäters gezeigt. Der 2009 aus Gesundheitsgründen aus britischer Haft entlassene Abdel Basset al-Megrahi und angeblich an Krebs im Endstadium erkrankte 59-Jährige war abgemagert und in einem Rollstuhl sitzend im libyschen Staatsfernsehen zu sehen, als er an einer Versammlung seines Gaddafi-freundlichen Stammes teilnahm.

Al-Megrahi war in Großbritannien als Verantwortlicher für den Bombenanschlag auf ein amerikanisches Verkehrsflugzeug über der schottischen Ortschaft Lockerbie zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Kritiker der Freilassung hegen den Verdacht, dass London al-Megrahi in Wirklichkeit aus wirtschaftlichen Interessen ziehen ließ. Großbritannien, damals unter einer Labour-Regierung, hatte gute Beziehungen zum Gaddafi-Regime gepflegt. Der konservative Hague verurteilte den Fernsehauftritt al-Megrahis und sagte, dies sei ein neues Zeichen dafür, dass dessen Freilassung ein schwerer Fehler gewesen sei.

Bei dem Bombenanschlag auf eine Pan-Am-Passagiermaschine über dem schottischen Lockerbie waren im Jahr 1988 insgesamt 270 Menschen getötet worden, die meisten von ihnen US-Bürger. Wegen des Attentats wurde bislang lediglich Megrahi verurteilt. Seine Freilassung stieß vor allem in den USA auf harsche Kritik.

Quelle: ntv.de, dpa

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