Politik

"Präsident hat das letzte Wort" Lukaschenko sucht Schuldigen

Tausende stehen in Warschau Schlange, um Abschied vom Ehepaar Kaczynski zu nehmen.

Tausende stehen in Warschau Schlange, um Abschied vom Ehepaar Kaczynski zu nehmen.

(Foto: AP)

Weißrusslands Präsident Lukaschenko weiß Bescheid: Polens Staatschef Kaczynski ist selbst schuld an dem Absturz. Polens Oberstaatsanwalt Seremet kündigt an, die Aufzeichnungen aus dem Cockpit des Flugzeugs vollständig zu veröffentlichen, sollten diese nicht vertraulich sein.

Alexander Lukaschenko ist kein Freund der Kaczynskis.

Alexander Lukaschenko ist kein Freund der Kaczynskis.

Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko hat den tödlich verunglückten polnischen Staatschef Lech Kaczynski für den Absturz seines Flugzeugs verantwortlich gemacht. Wenn der Präsident mit seiner Maschine unterwegs sei und es irgendwelche außergewöhnlichen Vorkommnisse gebe, informiere der Pilot den Staatschef persönlich darüber, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax Lukaschenko. Es sei klar, wer hier die Verantwortung trage. "Der Präsident hat das letzte Wort und er entscheidet, ob das Flugzeug landen soll oder nicht, aber die Piloten müssen nicht gehorchen."

Polens Oberstaatsanwalt Andrzej Seremet kündigte an, die Aufzeichnungen aus dem Cockpit des Flugzeugs vollständig zu veröffentlichen, sollten diese nicht vertraulich sein. Der Inhalt der Gespräche sei entscheidend, um die verschiedenen Hypothesen zu belegen oder zu widerlegen, betonte Seremet. Sollten nur Bruchstücke davon veröffentlicht werden, könne dies Vorwürfe nach sich ziehen, dass die Untersuchungen manipuliert würden.

Übergangspräsident Bronislaw Komorowski kündigte indes an, sich bei der Entscheidung über die Nachfolge für den ebenfalls verunglückten Zentralbankchef Slawomir Skrzypek Zeit zu nehmen. "Ich möchte in dieser Frage nichts übereilen", sagte Komorowski dem Radiosender RMF. Bis Ende der Woche erwarte er ein Rechtsgutachten seiner Berater zur Nachfolge an der Spitze der Zentralbank. In der kommenden Woche könne er dann mehr zu seiner Haltung in dieser Frage kundtun, sagte Komorowski.

Streit um Begräbnisstätte

Nationales Denkmal: In der Wawel-Burg in Krakau sind die polnischen Könige begraben.

Nationales Denkmal: In der Wawel-Burg in Krakau sind die polnischen Könige begraben.

(Foto: dpa)

Ein Streit um den Begräbnisort für den polnischen Präsidenten Lech Kaczynski entzweit mitten in der einwöchigen Staatstrauer das Land. Auslöser ist die Ankündigung, den bei einem Flugzeugabsturz getöteten Politiker in der Kathedrale auf dem Wawel in Krakau beizusetzen. Die jahrhundertelange Residenz der polnischen Könige ist bislang Monarchen und Nationalhelden als Ort der letzten Ruhe vorbehalten. Das Vorhaben von Kardinal Stanislaw Dziwisz stößt deshalb auf heftige Kritik.

"Die Entscheidung, ihn auf dem Wawel zu begraben, ist hastig und emotional", hieß es in einem Leitartikel der Tageszeitung "Gazeta Wyborcza". Es sei unangemessen, Kaczynski nach seinem Tod in eine Reihe mit Größen wie Josef Pilsudski zu stellen, dem Architekten der polnischen Unabhängigkeit nach dem Ersten Weltkrieg. "Diese Entscheidung wird die Polen mit Sicherheit spalten", schrieb die Zeitung.

Wajda ist einer der großen polnischen Filmemacher, der auch einen Film zu Katyn gedreht hat.

Wajda ist einer der großen polnischen Filmemacher, der auch einen Film zu Katyn gedreht hat.

(Foto: Reuters)

Auch der weltbekannte polnische Film-Regisseur Andrzej Wajda hat sich gegen die Beisetzung in der Krakauer Königsburg ausgesprochen. "Lech Kaczynski war ein guter und bescheidener Mensch", schrieb Wajda in einem Brief in der Zeitung. Es gebe allerdings keinen Grund, dass er die letzte Ruhe auf dem Wawel zwischen Polens Königen finden solle. Wajda warnte ausdrücklich vor Protesten und einer tiefen Spaltung der Nation. Der Regisseur rief die Krakauer Kirchenbehörden auf, diese "durchaus unglückliche" Entscheidung rückgängig zu machen.

An der Beerdigung am Sonntag sollten zahlreiche Staats- und Regierungschef teilnehmen, darunter US-Präsident Barack Obama, der russische Präsident Dmitri Medwedew und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Absturz im Nebel

Am Absturzort werden die letzten Wrackteile geborgen.

Am Absturzort werden die letzten Wrackteile geborgen.

(Foto: REUTERS)

Der Pilot der verunglückten Maschine hatte die Befehle der Fluglotsen im russischen Smolensk ignoriert, wegen der schlechten Sicht einen anderen Flughafen anzusteuern. Bei dem Absturz im dichten Nebel am Samstag starben neben Kaczynski und seiner Ehefrau Maria Dutzende weitere Menschen, darunter der polnische Zentralbankchef Slawomir Skrzypek, Armeechef Franciszek Gagor sowie der stellvertretende Außenminister Andrzej Kremer. Sie wollten im nahe gelegenen Katyn der 1940 vom sowjetischen Geheimdienst ermordeten polnischen Offiziere und Intellektuellen gedenken. Einige polnische Medien hatten bereits spekuliert, dass Kaczynski die Landung trotz der Schwierigkeiten angeordnet haben könnte, um rechtzeitig zu der Feier zu kommen.

 

Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa

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