Politik

Milbradt vor Scherbenhaufen MP auf Abruf

Die Krise um den Verkauf der angeschlagenen sächsischen Landesbank setzt Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) zunehmend unter Druck. Die Landtagsopposition verlangt mit Nachdruck den Rücktritt des Regierungschefs, der sein politisches Schicksal vom erfolgreichen Verkauf der Bank an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) abhängig gemacht hatte. Milbradt selbst schwieg und schaltete sich auch nicht in die Debatte um die Regierungserklärung von Finanzminister Stanislaw Tillich (CDU) ein. Der Koalitionspartner SPD ging auf Distanz zur CDU, stellte aber das Regierungsbündnis (noch) nicht infrage. Hinter den Kulissen wurde auch in der CDU-Fraktion bereits darüber spekuliert, wie lange sich der Regierungschef noch im Amt halten kann.

"Die Frage ist, wer sich als Königsmörder zur Verfügung stellt", verlautete aus SPD-Kreisen. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" forderte der Regierungschef in einer Fraktionssitzung seine Parteifreunde dringend auf, jetzt zusammenzuhalten und keine Personaldiskussionen um Verantwortlichkeiten für die Krise der Sachsen LB zu führen. Sonst drohe die Gefahr von Neuwahlen. In der Sitzung sei es "hoch hergegangen", bestätigte ein Abgeordneter.

CDU-Fraktionschef Fritz Hähle appellierte im Landtag, "dem Gebot der Stunde zu folgen und Zurückhaltung zu üben". Die Verhandlungen mit der LBBW dürften nicht gefährdet werden. Mario Pecher (SPD) erklärte, die derzeitige Krise sei kein Problem der Koalition. Und die Krise sei nicht gleichbedeutend mit einem Ende des Regierungsbündnisses.

"Ich erwarte, dass Sie auslöffeln, was Sie uns eingebrockt haben, und gehen", sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau in Richtung Regierungschef. Linksfraktions-Chef Andr Hahn sagte: "Niemand nimmt mehr das Wort vom Finanzfachmann Milbradt in den Mund." FDP-Fraktionschef Holger Zastrow, sprach vom schwärzesten Kapitel in der jüngeren Geschichte Sachsens. Milbradt hatte im August wie sein Finanzminister Horst Metz (CDU) einen Rücktritt abgelehnt. Metz hatte jedoch nur wenige Tage später das Handtuch geworfen.

Stuttgart verlangt Bürgschaft

Milbradt hatte in seiner Zeit als Finanzminister (1990 bis 2001) die Landesbank aus der Taufe gehoben. Die LB war Ende August im Eilverfahren an die LBBW verkauft worden, nachdem sie durch riskante Geschäfte auf dem US-Hypothekenmarkt in Bedrängnis geraten war und vor der Schließung stand. Derzeit werden die Konditionen des Verkaufes ausgehandelt, der rückgängig gemacht werden kann. Der Kaufpreis soll erst nach endgültiger Bewertung aller Risiken Ende des Jahres festgelegt werden. Allerdings verlangen die Baden-Württemberger, dass der Freistaat Risiken in Milliardenhöhe übernimmt.

Tillich lehnte dies ab. Das könne der Freistaat nicht allein schultern, so der sächsische Finanzminister in einer Regierungserklärung. "Das ist angesichts unserer Gesetzes- und Haushaltslage absolut unmöglich." Die LBBW müsse sich an der Risikoabschirmung beteiligen, bekräftigte Tillich. Zur Höhe der Forderungen und Risiken äußerte er sich unter Hinweis auf laufende Verhandlungen nicht. Nach unbestätigten Medienberichten verlangt die LBBW eine Bürgschaft von 4,3 Milliarden Euro, das würde einem Viertel des sächsischen Haushaltes entsprechen. Zudem soll Stuttgart nach Angaben des sächsischen SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle frisches Kapital von mindestens 500 Millionen Euro für die Sachsen LB verlangt haben. Die LBBW wollte die neuen Zahlen nicht kommentieren. Tillich sagte, er habe von einer Forderung nach frischem Eigenkapital bislang nichts gehört.

Krisentreffen dementiert

Sachsens Regierungssprecher Peter Zimmermann wies inzwischen einen Zeitungsbericht über eine Krisensitzung Milbradts mit dem Stuttgarter Regierungschef Günther Oettinger (CDU) zurück. "Ministerpräsident Milbradt befindet sich nicht in Verhandlungen mit Herrn Oettinger in Frankfurt", sagte er. Wo sich Sachsens Ministerpräsident derzeit aufhalte, wollte der Regierungssprecher nicht sagen. Auch aus Stuttgart gab es ein Dementi. Ihm sei nichts von einem Aufenthalt von Oettinger in Frankfurt bekannt, sagte dessen Sprecher.

"Die Welt" hatte berichtet, dass beide Politiker seit Mittwochnachmittag an einer Krisensitzung im Frankfurter Dienstsitz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) teilnehmen. Die Gespräche leite BaFin-Präsident Jochen Sanio. Anwesend seien auch die beiden CDU-Finanzminister Gerhard Stratthaus (Baden-Württemberg) und Stanislaw Tillich (Sachsen) sowie hochrangige Führungskräfte von Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und Sachsen LB.

Ohne Einigung hat BaFin-Präsident Sanio die Schließung des Instituts schon in der kommenden Woche angedroht. "Sanio hat gesagt, dann zieht er den Schlüssel", zitierte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" einen Verhandlungsteilnehmer. In Dresden hieß es, dass die entscheidenden Gespräche im Milliardenpoker am Wochenende in Stuttgart über die Bühne gehen sollen.

Quelle: ntv.de

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