Politik

Wikileaks-Informant in meisten Anklagepunkten schuldig Manning vom Hauptvorwurf freigesprochen

Ein Vorwurf gegen den Wikileaks-Informanten Bradley Manning wiegt besonders schwer: Er soll mit seinen Enthüllungen Feinden der USA geholfen haben. Dies bestreitet er und das Militärgericht glaubt ihm. In anderen Punkten befindet es ihn aber für schuldig. Eine Strafe von mehr als 100 Jahren Haft ist damit noch nicht ausgeschlossen.

Wikileaks-Informant Bradley Manning ist vom Vorwurf der Feindesunterstützung freigesprochen worden. Ein Militärgericht in Fort Meade befand ihn jedoch in den meisten der weiteren Anklagepunkten für schuldig. Damit droht ihm weiter eine lange Haftstrafe.

Der 25-Jährige wurde neben Verstößen gegen das Spionage-Gesetz von 1917 des Diebstahls von Dokumenten der Streitkräfte und der illegalen Übermittlung von 250.000 vertraulichen Diplomatendepeschen schuldig befunden. Außerdem wurde er für den Verstoß gegen interne Regeln des Militärs und die unbefugte Verwendung eines Programms zur Umgehung der Sicherheitsmaßnahmen des Informatiksystems der Streitkräfte verurteilt.

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Mannings Unterstützer sammelten sich vor dem Gerichtsgebäude.

(Foto: AP)

Manning hatte während seiner Stationierung im Irak zwischen November 2009 und Mai 2010 hunderttausende Geheimdokumente von Militärrechnern heruntergeladen und der Enthüllungsplattform Wikileaks zugespielt. Sie belegen unter anderem, dass ein US-Kampfhubschrauber eine Gruppe von irakischen Zivilisten und einen Journalisten tötete. Auch zwei Kinder wurden dabei verletzt. Außerdem lieferten die Unterlagen Beweise für Folter durch ausländische Truppen in dem besetzen Land. Weitere Dokumente zeigten, dass 150 Häftlinge grundlos in dem US-Gefangenenlager Guantanamo festgehalten wurden.

Das Strafmaß steht noch nicht fest

Im Mai 2010 wurde Manning verhaftet. Der Soldat räumte die Weitergabe der Dateien ein und bekannte sich einer Reihe minder schwerer Anklagepunkte schuldig, darunter unerlaubte Aufbewahrung von Geheimdokumenten. Mit seinem Teilgeständnis hatte er gehofft, einen Vergleich mit einer Haftstrafe von höchstens 20 Jahren erzielen zu können.

Den schwersten Vorwurf der Feindesunterstützung hatte Manning aber stets bestritten. Eine Verurteilung in diesem Punkt alleine hätte eine lebenslange Freiheitsstrafe zur Folge gehabt. Die Staatsanwaltschaft verzichtete bereits vor dem Prozess darauf, bei einem Schuldspruch in diesem Punkt für Manning die Todesstrafe zu fordern.

Richterin Denise Lind ließ diesen Vorwurf der Anklage gegen den Soldaten zwar zu, sprach ihn nun aber davon frei. Damit ging die Strategie der Verteidigung auf, die stets beteuert hatte, dass ihr Mandant nicht aus egoistischem Antrieb, sondern im Interesse der US-Öffentlichkeit Geheimnisse verraten hat.

Manning droht trotzdem eine Freiheitsstrafe von mehr als 100 Jahren. Wie lange er genau ins Gefängnis muss, steht noch nicht fest. Über das Strafmaß will das Gericht erst später entscheiden.

Für die einen Verräter, für die anderen ein Held

Für die Staatsanwaltschaft sowie Teile von Politik, Medien und Öffentlichkeit ist Manning wegen seiner Taten ein Verräter, der mit den Enthüllungen sensibler Dokumente bewusst seinem Land schaden wollte. Für seine Unterstützer dagegen ist der junge Soldat ein mutiger Kämpfer für Transparenz, der mit seinen Enthüllungen über Kriegsverbrechen im Irak und Afghanistan zur öffentlichen Debatte über die Kriegseinsätze beitragen wollte.

Vor dem Militärlager von Fort Meade gab es nach der Urteilsverkündung Proteste mehrerer Dutzend Anhänger Mannings.  Die Familie des Soldaten zeigte sich indes in einer Mitteilung an die britische Zeitung "Guardian" enttäuscht von dem Schuldspruch. Gleichzeitig betonten seine Angehörigen jedoch: "Wir sind froh, dass Richterin Lind unsere Auffassung teilt, dass Brad niemals in irgendeiner Weise den Feinden Amerikas helfen wollte. Brad liebt sein Land und war stolz, seine Uniform zu tragen."

Wikileaks verurteilte den Schuldspruch gar. Dies zeige den "gefährlichen, nationalen Sicherheitsextremismus der Regierung" von Präsident Barack Obama, schrieb die Organisation auf Twitter. Wikileaks gehört zu den schärfsten Kritikern des Prozesses gegen Manning. Nach Aussage von Wikileaks-Gründers Julian Assange war sein Verbrechen, dass er die Wahrheit sagte.

Reporter sind alarmiert

Das Verfahren in Fort Meade bei Washington ist der erste große Prozess gegen einen sogenannten Whistleblower in den USA und könnte als Präzedenzfall für weitere bekannte Enthüller dienen, darunter Wikileaks-Chef Assange und den von den USA als Geheimnisverräter gejagten Computerspezialisten Edward Snowden.

Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen bezeichnete das Urteil gegen Manning als gefährlich.  Es sei eine Warnung an alle Whistleblower. Obamas Regierung habe eine unerhörte Offensive gegen Informanten gestartet. Dabei nehme sie keine Rücksicht darauf, ob Enthüllungen dem öffentlichen Interesse dienten. "Das Urteil bedroht auch die Zukunft des investigativen Journalismus, der riskieren muss, seine Quellen versiegen zu sehen."

Das Center for Constitutional Rights (CCR) nannte es "skandalös", dass Manning aufgrund eines Gesetzes aus dem Ersten Weltkrieg verurteilt wurde, das zur Verfolgung von Oppositionellen und Pazifisten geschaffen wurde.

Quelle: ntv.de, hah/AFP/dpa/rts/DJ

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