Politik

Terroralarm in London Massenmord verhindert

Fast fünf Jahre nach den Anschlägen vom 11. September haben britische Ermittler einen unmittelbar bevorstehenden Großangriff auf den transatlantischen Luftverkehr vereitelt. Die Londoner Polizei teilte am Donnerstag mit, die Täter hätten mehrere Flugzeuge auf dem Weg in die USA mit Flüssigsprengstoff in die Luft jagen wollen. Ein Ermittler sprach von einem geplanten "Massenmord in unvorstellbarer Dimension". US-Präsident George W. Bush sagte, hinter den Planungen stünden islamistische Extremisten.

Die Vorfälle seien ein weiterer Beweis dafür, dass sich die USA mit "mit islamistischen Faschisten im Krieg" befänden, sagte Bush in Green Bay im US-Bundesstaat Wisconsin. Bushs Sprecher Tony Snow hatte zuvor betont, die geplanten Anschläge seien eine "direkte" Bedrohung für die USA gewesen.

Die Angst vor neuen Terroranschlägen stürzte den internationalen Flugverkehr ins Chaos. Zehntausende Menschen saßen auf Flughäfen fest. Weltweit wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. An den Börsen brachen weltweit die Aktien großer Fluggesellschaften ein.

24 Festnahmen in Großbritannien

Die britische Polizei nahm nach neuesten Angaben vom Donnerstagabend 24 Personen fest, unter denen sich laut Innenminister John Reid auch die Hauptverantwortlichen befanden. Die Verdächtigen sollen aus dem radikal-islamischen Milieu stammen. Großbritannien und die USA erhöhten umgehend die Sicherheitsvorkehrungen, was zu teils chaotischen Verhältnissen im Flugverkehr von und nach London führte. Auch in Deutschland wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft, wie das Bundesinnenministerium mitteilte.

Bisherigen Erkenntnissen der britischen Polizei zufolge wollten die Täter Flüssigsprengstoff im Handgepäck in die Flugzeuge großer US-Airlines schmuggeln und in der Luft zur Explosion bringen. Als Zünder seien elektronische Wecker, Laptops und Taschenrechner vorgesehen gewesen. Der Chef der britischen Anti-Terror-Einheit, Peter Clarke, sprach von einem Plan "globaler Dimension". Die Zahl der von den Tätern anvisierten Flüge und deren Strecken würden noch ermittelt. Nach Presseberichten waren Maschinen der US-Fluggesellschaften United, Continental und American Airlines Ziele der Täter.

Laut BBC sollten jeweils drei Flugzeuge fast zeitgleich getroffen werden. Der Sender berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, dass insgesamt neun Maschinen in die Luft gesprengt werden sollten. Bei durchschnittlich 250 Passagieren wären damit mehrere tausend Menschen vom Tode bedroht gewesen. In britischen Sicherheitskreisen hieß es, der Plan hätte innerhalb der nächsten Tage ausgeführt werden können.

Tausende Passagiere saßen fest

Die USA setzten die Sicherheitsstufe für kommerzielle Flüge erstmals auf die Höchststufe "rot", allerdings nur für Verbindungen aus Großbritannien. Auch das britische Innenministerium erhöhte die Sicherheits-Warnstufe von "ernst" auf "kritisch", die höchste von fünf Kategorien. Sie wird nur bei unmittelbar drohenden Anschlägen ausgerufen.

British Airways (BA) und andere Airlines sagten hunderte Flüge ab. Auf dem Flughafen London Heathrow saßen laut BA rund 22.000 Passagiere fest. Der Flughafenbetreiber BAA forderte alle europäischen Fluggesellschaften auf, Heathrow nicht mehr anzufliegen. Auch die Lufthansa strich bis zum Abend sämtliche Flüge nach Heathrow. Betroffen waren rund 5.000 Passagiere auf mehr als 30 Flügen. Heathrow ist der größte Passagierflughafen Europas und liegt weltweit an Nummer drei.

Normalisierung in Heathrow

Am Abend normalisierte sich die Lage in Heathrow trotz des Terroralarms langsam wieder. Maschinen, die auf Kurz- und Mittelstrecken unterwegs sind, durften wieder starten und landen. Auch die Lufthansa fliegt Heathrow wieder an.

British Airways verbot auf sämtlichen in Großbritannien startenden Flügen jegliches Handgepäck. Auch elektrische oder batteriebetriebene Geräte einschließlich Mobiltelefonen und tragbarer Computer durften nicht mitgenommen werden. Wie die BA untersagte auch die Lufthansa den Passagieren, Flüssigkeiten wie Getränke, Sonnenmilch, Zahnpasta, Shampoos, Cremes oder Haargel mit an Bord zu nehmen.

Sehr ernster Anschlagsplan

Die 24 Verdächtigen wurden laut Polizei im Großraum London, in Birmingham und im Südosten Englands gefasst. Den Festnahmen seien mehrmonatige Ermittlungen vorausgegangen. Erst vor 13 Monaten hatten Selbstmordattentäter eine Anschlagsserie auf das Nahverkehrsnetz in London verübt, wobei 52 Menschen getötet und 700 verletzt wurden. Bei den El Kaida-Anschlägen vom 11. September 2001 in New York und Washington starben gut 3.000 Menschen.

US-Heimatschutzminister Michael Chertoff sagte, die Ermittlungen seien zwar noch nicht abgeschlossen. Der Hergang lasse aber auf El Kaida schließen. Die französische Regierung will Hinweise darauf haben, dass es sich bei den Tätern um Pakistaner handelt.

Der Terror-Experte Paul Beaver sagte, El Kaida habe in den vergangenen Monaten mehrfach gedroht, britische und US-Ziele im Luftverkehr aus Rache für Irak und Afghanistan ins Visier zu nehmen. Der Terrorismus-Experte Kai Hirschmann verwies auf einen Plan führender El Kaida-Mitglieder aus dem Jahr 1995, mit Flüssigsprengstoff US-Flugzeuge in die Luft zu sprengen.

Festnahmen auch in Pakistan

Die pakistanische Regierung teilte unterdessen mit, sie habe daran mitgewirkt, die geplanten Terroranschläge zu vereiteln. Die geheimdienstliche Zusammenarbeit von Pakistan, Großbritannien und den Vereinigten Staaten habe zu den Festnahmen in Großbritannien geführt, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Islamabad. Die Zusammenarbeit sei über eine längere Zeit erfolgt und habe auch zu einigen Festnahmen in Pakistan geführt.

Quelle: ntv.de

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