Politik

Flucht ins Ungewisse Massensterben droht

Der akute Mangel an Trinkwasser und fehlende Hygiene nach dem Zyklon "Nargis" gefährden nach Einschätzung der Hilfsorganisation Oxfam das Leben von bis zu 1,5 Millionen Menschen in Birma. Es drohe eine Choleraepidemie. Das Technische Hilfswerk (THW) hält das Ausmaß der Zerstörung für weitaus schlimmer als nach dem Tsunami im Dezember 2004. Deutschland und Thailand forderten die Militärregierung auf, schnell ausländische Helfer einreisen zu lassen.

Es seien "alle Faktoren" für eine Folgekatastrophe gegeben, warnte die Regionaldirektorin von Oxfam, Sarah Ireland. "Es ist lebensnotwendig, dass die Leute Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Anlagen erhalten", sagte sie. UNICEF zufolge sind in einigen Gebieten bis zu 20 Prozent der Kinder an Durchfall erkrankt.

Auf der verzweifelten Suche nach Essen, Wasser und Medizin strömten Überlebende unterdessen in Scharen aus dem am schwersten verwüsteten Irrawaddy-Delta. Die UN warnten angesichts des dramatischen Mangels auch vor gewaltsamen Übergriffen unter den Opfern. Das Hilfswerk World Vision sprach von einem "Wettlauf gegen die Zeit". Die bisher in Birma eingetroffene Unterstützung sei nichts weiter als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Leichen und Tierkadaver

Nach Angaben der Vereinten Nationen erreichten weitere Hilfsgüter die Überlebenden des Sturms, nachdem Straßen von Trümmern und umgestürzten Bäumen geräumt wurden. Rotes Kreuz und Roter Halbmond berichteten, drei ihrer Flugzeuge hätten 14 Tonnen Hilfsgüter nach Birma gebracht. Am Montag sollten weitere Maschinen mit 20 Tonnen Material landen, darunter Benzinkanister und Moskitonetze.

Nach wie vor lässt die Junta aber nur vereinzelt katastrophenerprobte ausländische Experten einreisen. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) beantragte Visa für 16 Mitarbeiter, nur eines wurde genehmigt. World Vision erging es nach eigenen Angaben ähnlich: Von 20 Einreiseanträgen kamen lediglich zwei durch.

UN-Schätzungen zufolge sind zwei Millionen Menschen unmittelbar von den Folgen des verheerenden Wirbelsturms betroffen. Viele Überlebende warten seitdem verzweifelt auf Hilfe. Leichen und Tierkadaver treiben im Wasser, das dadurch verseucht ist, wie Oxfam-Direktorin Ireland sagte. Stehendes Wasser sei außerdem eine ideale Brutstätte für Moskitos, die dann wiederum Krankheiten wie Malaria oder Dengue-Fieber übertragen könnten.

Propaganda der Generäle

Die birmanische Regierung beharrt nach wie vor darauf, die Hilfsgüter weitgehend selbst zu verteilen. Es gab Berichte, dass auf die Kisten die Namen führender Generäle geschrieben wurden - ein offenkundiger Versuch, aus der internationalen Unterstützung propagandistisches Kapital zu schlagen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach telefonisch mit seinem thailändischen Amtskollegen Nopadol Pattama über die kritische Lage in Birma. Internationale Hilfe sei dringlich und dulde keinen Aufschub mehr, erklärte das Auswärtige Amt in Berlin danach.

Die Behörden in Birma sprechen inzwischen von mehr als 28.400 Toten. Das sind rund 5.000 mehr als bislang angegeben. 33.400 Menschen würden noch vermisst, berichtete das staatliche Fernsehen.

Einen herben Rückschlag erlitten die allmählich anlaufenden Hilfslieferungen am Sonntag: Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und Roten Halbmond (IKRK) teilte mit, ein Boot mit Hilfsgütern für 1.000 Menschen an Bord sei auf dem Weg von Rangun ins Irrawaddy-Delta mit einem Baumstamm zusammengestoßen und gesunken. Die Besatzung habe sich retten können.

Quelle: ntv.de

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