Politik

Tauwetter im Dezember Medwedew besucht Polen

Acht Monate nach dem Flugzeugabsturz des polnischen Präsidenten Kaczynski in Russland unternimmt Kremlchef Medwedew mit einem Besuch in Warschau einen weiteren Schritt zur Aussöhnung. Im Gepäck: Unterlagen zur Energie- und Sicherheitspolitik - und ein Orden.

Russlands Präsident Medwedew wird vom polnischen Staatsoberhaupt Komorowski vor dem Präsidentenpalast mit militärischen Ehren empfangen.

Russlands Präsident Medwedew wird vom polnischen Staatsoberhaupt Komorowski vor dem Präsidentenpalast mit militärischen Ehren empfangen.

(Foto: dpa)

Polen und Russland wollen nach jahrelangen Spannungen die Streitfragen aus der Vergangenheit überwinden und ihre Beziehungen normalisieren. Der polnische Präsident Bronislaw Komorowski demonstrierte beim ersten Staatsbesuch seines russischen Kollegen Dmitri Medwedew am Montag in Warschau den Willen zum Neuanfang. Vor allem der Jugendaustausch und die Wirtschaftskontakte sollen die Annäherung zwischen den beiden Nachbarn fördern.

"Die Dürrezeit ist beendet", sagte Komorowski nach Gesprächen mit dem Gast aus Russland im Warschauer Präsidentenpalast. Eingeleitet sei ein "neues, ein gutes Kapitel". Medwedew sagte vor Journalisten, seine Visite habe "neuen Schwung" in die Beziehungen zu Polen gebracht. Er versprach Hilfe bei der Aufklärung aller Umstände des Massakers an tausenden polnischen Offizieren in Katyn und anderen Orten 1940 in der damaligen Sowjetunion.

Neuer Umgang mit Katyn

Demonstrationen vor dem Präsidentensitz: "Wir wollen die Wahrheit über Smolensk", steht auf Transparenten. Einige national-konservative Kreise halten Russland für mitschuldig an der Katastrophe.

Demonstrationen vor dem Präsidentensitz: "Wir wollen die Wahrheit über Smolensk", steht auf Transparenten. Einige national-konservative Kreise halten Russland für mitschuldig an der Katastrophe.

(Foto: REUTERS)

Jahrzehntelang hat Moskau seine Täterschaft bestritten und das Verbrechen den Nationalsozialisten in die Schuhe geschoben. Als Zeichen des Entgegenkommens übergab Russland in letzter Zeit der polnischen Seite Archivmaterial dazu. Die Staatsduma verurteilte erstmals den Mord. Polen besteht aber auf einer Rehabilitierung der Opfer.

"Wir werden diesen Weg nicht verlassen, wir brauchen die Wahrheit", versicherte Medwedew. Er hoffe, dass der Fall nach Aufklärung abgeschlossen werde. Eine polnisch-russische Kommission legte unmittelbar vor seiner Ankunft einen Bericht über strittige historische Fragen der vergangenen 100 Jahre vor.

Medwedew verlieh dem polnischen Regisseur Andrzej Wajda zudem den russischen Freundschaftsorden für seinen Beitrag zu den kulturellen Beziehungen beider Länder. Wajda drehte den Film "Das Massaker von Katyn" und erzählt darin, wie Zweifler an der offiziellen Version zu dem Massaker in Russland bestraft wurden. Wajda lobte Medwedews Beharrlichkeit, dabei zu helfen, "Licht ins Dunkel des Verbrechens von Katyn" zu bringen.

Freundschaftliche Projekte

Beide Präsidenten übernahmen die Schirmherrschaft über den Jugendaustausch. Erste Projekte sollten bereits im Frühjahr starten, sagte Komorowski. Dafür sollen zwei neue Einrichtungen zuständig sein, die 2011 in Warschau und Moskau die Arbeit aufnehmen.

Im Beisein beider Staatsoberhäupter wurden mehrere Wirtschafts-, Umwelt- und Justizabkommen unterzeichnet. Medwedew bestätigte das Interesse russischer Firmen am polnischen Energiekonzern Lotos. Nach einem drastischen Rückgang der Handelsumsätze 2009 war der Austausch in diesem Jahr wieder gestiegen.

Der Besuch fand acht Monate nach dem Absturz der polnischen Präsidentenmaschine im russischen Smolensk statt, bei dem Komorowskis Vorgänger Lech Kaczynski ums Leben gekommen war. Medwedew und Komorowski übernahmen die Schirmherrschaft über ein Denkmal, das zum ersten Jahrestag am Ort der Katastrophe aufgestellt werden soll.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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