NATO berät über Afghanistan Mehr Geld und mehr Militär
26.01.2007, 09:28 UhrDie NATO rüstet sich mit mehr Geld und mehr Soldaten für eine befürchtete Frühjahrsoffensive der radikalislamischen Taliban in Afghanistan. "Die internationale Gemeinschaft will die Initiative in Afghanistan behalten", sagte NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer in Brüssel nach einem Treffen der 26 NATO-Außenminister. US-Außenministerin Condoleezza Rice kündigte neue US-Finanzhilfen von 10,6 Milliarden US-Dollar (8,2 Milliarden Euro) an. Davon fließen mehr als drei Viertel in Ausbildung und Ausrüstung von afghanischer Polizei und Armee.
Entscheidung bei deutscher Regierung
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, Deutschland werde seinen Wiederaufbaueinsatz im Norden des noch immer vom Bürgerkrieg zerstörten Landes ausdehnen. Die beiden deutschen Wiederaufbauteams in Kundus und Faisabad sollen Außenstellen in der Region einrichten. Zur NATO-Anfrage um deutsche Aufklärungs-Tornados sagte er: "Wir werden die Anfrage zu beantworten haben im Kabinett und im Bundestag. Und das wird rechtzeitig geschehen." De Hoop Scheffer sagte: "Natürlich würde ich es begrüßen, wenn Deutschland die Tornados schickt. Aber die Entscheidung liegt ganz alleine bei der Regierung in Berlin."
Die Europäische Union will zwischen 2007 und 2010 rund 600 Millionen an Afghanistan überweisen, um das Gesundheits- und Justizsystem zu verbessern und den Mohnanbau und Drogenhandel zu unterbinden. Dies teilte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner mit.
2007 "kritisches Jahr"
Rice sagte, 2007 werde ein "kritisches Jahr" für Afghanistan. "Wenn es eine Frühjahrsoffensive gibt, dann sollte es unsere Offensive sein. Dass muss eine politische, wirtschaftliche und diplomatische Kampagne sein - und, jawohl, auch eine militärische Kampagne", sagte sie zur befürchteten Frühjahrsoffensive der Taliban. Die Strategie müsse "ganzheitlich" sein: "Unsere militärischen Anstrengungen und der Kampf gegen den Mohnanbau müssen den Raum schaffen, in dem Demokratie und Entwicklung wachsen können."
Die zusätzliche US-Milliardenhilfe ergänzt jene 14 Milliarden US-Dollar, die die USA seit 2001 bereits für den Wiederaufbau Afghanistans ausgegeben haben. Das Bündnis will nach Worten des NATO-Generalsekretärs eine bessere Koordination, die "zivile und militärische Instrumente zusammenbringt". An dem NATO-Treffen in Brüssel nahmen auch die nicht zur NATO gehörenden EU-Staaten sowie die Vereinten Nationen, die Weltbank und wichtige Truppensteller der Afghanistan-Schutztruppe ISAF wie Australien und Neuseeland teil.
800 Millionen von Deutschland
Die EU hat sich seit 2002 mit insgesamt 3,8 Milliarden Euro am Wiederaufbau beteiligt. Davon wurden nach Angaben einer Sprecherin 2,8 Milliarden von den Mitgliedstaaten und eine Milliarde aus dem EU-Haushalt aufgebracht. "Das ist eine Menge Geld", sagte der EU-Außenbeauftragte Javier Solana. Deutschland ist nach den USA, Japan und Großbritannien viertgrößter Einzelgeber in Afghanistan. Dabei sind Beiträge im Rahmen von EU, Weltbank oder IWF nicht berücksichtigt. Von 2002 bis 2010 hat Deutschland insgesamt 800 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Landes zugesagt.
Steinmeier hob den zivilen Aspekt der Anstrengungen in Afghanistan hervor. "Wir wissen alle miteinander sehr genau, dass eine Stabilisierung in Afghanistan alleine mit militärischer Präsenz nicht hergestellt werden kann", sagte er. Ähnlich äußerte sich Frankreichs Außenminister Philippe Douste-Blazy.
Im Süden Afghanistans sind vermutlich ein Talibananführer und dessen Stellvertreter getötet worden. Die NATO-geführte internationale Schutztruppe ISAF teilte in der Nacht mit, bei dem "Präzisionsschlag" sei der Kommandoposten der Taliban im umkämpften Distrikt Musa Qala in der Provinz Helmand vollständig zerstört worden. In Kabul starb nach Polizeiangaben ein afghanischer Parlamentsabgeordneter und früherer Gouverneur des Taliban-Regimes an Schussverletzungen, die ihm ein als Bauarbeiter verkleideter Attentäter beigebracht hatte. Ein Leibwächter wurde verletzt.
Quelle: ntv.de