Politik

"Verdammt preiswert" Mehr Ökostrom für Klimaschutz

Der Bundestag hat nach wochenlangem Streit grünes Licht für das erste Klima- und Energiepaket der Bundesregierung gegeben. Ökostrom wird mit zusätzlichen Milliarden gefördert, sein Anteil am Stromverbrauch soll bis 2020 auf 30 Prozent verdoppelt werden. Erstmals wird es ab 2009 eine Pflicht geben, neue Häuser teilweise mit Wärme aus erneuerbaren Energien zu beheizen. In Altbauten wird dagegen auf freiwilligen Einsatz mit Hilfe eines Förderprogramms gesetzt.

Die Opposition warnte vor einem Scheitern der Klimaschutzziele. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach dagegen von einer "Energiewende". Der Bundesrat muss noch darüber entscheiden.

Der Bundestag billigte vier Gesetze aus dem Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung, die ab 2009 gelten sollen: das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz und ein Gesetz zur Liberalisierung des Strommesswesens.

Biomasse für die CSU

Kern des Pakets ist die Reform des EEG, mit dem vor allem Strom aus Wind und Biomasse künftig stärker als bisher vorgesehen gefördert wird. Die Unterstützung für die Solar-Energie, die besonders hoch war, wurde deutlich weniger gesenkt als ursprünglich aus der Union gefordert. Dagegen konnte die CSU mehr Hilfen für die Verstromung von Holz, Pflanzenabfällen oder Gülle durchsetzen. Die Biomasse-Förderung wurde deutlich ausgeweitet und wird etwa ein Drittel der Gesamtförderung aus dem EEG verschlingen. Den durchschnittlichen Haushalt wird die Ökostrom-Unterstützung insgesamt im Jahr 2015 etwa fünf Euro im Monat kosten, derzeit sind es rund drei Euro. Die klimafreundliche Kraft-Wärme-Kopplung soll bis 2020 statt derzeit 12 dann 25 Prozent des Stroms liefern.

Das unter Rot-Grün eingeführte EEG ist das entscheidende Instrument zum Ausbau von Strom aus Wind, Wasser, Sonne oder Biomasse. Es verpflichtet die Konzerne zur Abnahme zu festgelegten Preisen, die über denen von konventionellem Strom liegen. Die Differenz wird durch eine Umlage auf alle Verbraucher bezahlt. Sie betrug 2007 rund 4,3 Milliarden Euro und wird bis 2015 auf 7,1 Milliarden Euro steigen. Danach sinkt sie, weil Ökostrom dann zunehmend zu Marktpreisen produziert werden kann.

"Verdammt preiswert für die Zukunft unserer Kinder"

"Das ist ein gewaltiger Schritt nach vorne", sagte Gabriel. "Wir helfen Geld zu sparen, wir schaffen Jobs im Handwerk, und wir tun was fürs Klima." Deutschland mache sich so unabhängiger von den rasant steigenden Kosten für Öl und Kohle. Außerdem arbeiteten in der Öko-Energie-Branche mittlerweile rund 250.000 Menschen. Klimaschutz gebe es nicht zum Nulltarif, räumte Gabriel ein. Aber die Kosten blieben im Rahmen. Die Kosten für einen Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden Strom im Jahr steigen demnach von drei auf fünf Euro im Monat 2015 und gehen dann leicht zurück. Die Mehrkosten liegen bis 2015 bei insgesamt 2,8 Milliarden Euro. "Ich finde, für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder ist drei oder fünf Euro eine verdammt preiswerte Angelegenheit."

Gabriel hält die Klimaschutzziele für erreichbar. Deutschland habe die Hälfte der geplanten Senkung der Treibhausgase um 40 Prozent bis 2020 erreicht. Mit den Gesetzen würden weitere 10 Prozent geschafft. Die Koalition hatte sich Anfang Juni auf das Gesetzespaket verständigt, das Beschlüsse aus der Kabinettsklausur 2007 umsetzt. Das zweite Klimapaket verschob die Regierung wegen des Streits über die Kfz-Steuerreform auf Mitte Juni.

Grüne fordern stärkere KWK-Förderung

Die Opposition warf der Koalition Versagen bei der Klimapolitik vor. "Sie versprechen viel, Sie streiten viel, und Sie tun wenig", sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn. Sie kritisierte die gedeckelte Förderung zur Kraft-Wärme-Kopplung von 750 Millionen Euro pro Jahr und forderte mehr Mittel. Das Gesetz sei ein Torso, da es keine Pflicht zum Einsatz von Ökowärme bei Altbauten gebe. Gerade Familien seien den steigenden Preisen etwa für Gas daher ausgeliefert.

FDP-Experte Michael Kauch kritisierte: "Die Entwürfe der Koalition sind schlicht zu teuer und zu wettbewerbsverzerrend." Der Linke-Abgeordnete Hans-Kurt Hill warnte davor, dass eine Stromlücke entstehe.

Der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) kritisierte, es gebe zu wenig Anreiz für Investoren. Der Bundesverband Windenergie wertete die Entscheidung des Bundestags positiv und sieht eine Trendwende für die Branche. Auch die Solarwirtschaft begrüßte die Pläne trotz gesenkter Förderung. Die Gefahr eines Markteinbruchs sei gebannt. Der Bundesverband Erneuerbare Energie kritisierte, dass höhere Fördersätze für Wind und Biomasse erst von 2009 an gelten sollen. Kritik kam auch vom Deutschen Mieterbund. Die Beschränkung auf Neubauten sei ein "schwerer Geburtsfehler".

Quelle: ntv.de

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