Streit um Umgangsformen Mehr Respekt für Köhler
07.05.2007, 10:22 UhrDer Umgang von Bundespräsident Horst Köhler mit dem Gnadengesuch des früheren RAF-Terroristen Christian Klar schlägt weiterhin hohe Wellen. In der Union wurden Köhlers Kritiker mit deutlichen Worten zur Zurückhaltung gemahnt. Aus der CSU allerdings kamen wieder schärfere Töne: Eine Begnadigung Klars könnte sich negativ auf Köhlers Wiederwahlchancen auswirken. Am Sonntag hatte sich bereits Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel mit einem Aufruf zu Respekt vor dem Bundespräsidenten in die immer hitziger werdende Debatte eingeschaltet. Köhler hatte sich am vorigen Freitag mit Klar getroffen und will nächste Woche seine Entscheidung über das Gnadengesuch des 54-Jährigen bekannt geben.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erinnerte an die Unabhängigkeit des Bundespräsidenten. Dieses Amt dürfe nicht in die Diskussion hineingezogen werden, sagte Schäuble am Montag im Deutschlandradio Kultur. "Der Bundespräsident hat das Recht, allein in diesen Fragen zu entscheiden, und er hat damit auch eine ganz besondere Verantwortung und eine besondere Verpflichtung." Diese werde Horst Köhler wahrnehmen, "und die ist von jedermann zu respektieren".
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte dem "Kölner Stadtanzeiger", es sei "das Recht, aber auch die Pflicht des Bundespräsidenten, Gnadengesuche genauestens und mit einem Höchstmaß an Verantwortung zu prüfen". Es gelte nun, die Entscheidung "mit Respekt abzuwarten". Der Unions-Innenexperte Hans-Peter Uhl (CSU) wies Kritik aus seiner Partei an Köhler im selben Blatt ebenfalls zurück. Die Entscheidung an eine Wiederwahl Köhlers zu koppeln, sei "völlig abwegig". Allerdings sagte Uhl zugleich in Richtung Klar: "Auch Gnade ohne Reue kann es nicht geben."
Aus der CSU kamen indes wieder schärfere Töne: Im Falle einer Begnadigung Klars durch Köhler solle die Regierung diese Anordnung nicht gegenzeichnen. "So könnte die Bundesregierung deutlich machen, dass man mit der Entscheidung des Bundespräsidenten nicht einverstanden ist", sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Scheuer der "Passauer Neuen Presse". Schließlich habe auch Köhler einige Gesetze der Bundesregierung nicht unterzeichnet.
Nach Ansicht Scheuers würde sich eine Begnadigung Klars auf das Stimmenergebnis bei einer möglichen Wahl Köhlers für eine zweite Amtszeit auswirken: "Wenn der Bundespräsident Klar begnadigt, geht das nicht spurlos an meiner Entscheidung über meine Stimme bei der Bundespräsidentenwahl vorbei. Dann muss ich mir schwer überlegen, ob er noch meine Stimme hat." Vielen CSU-Bundestagsabgeordneten gehe es ebenso.
Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle verurteilte die Kritik der CSU scharf. "Diese Art des Umgangs mit dem Bundespräsidenten ist bei aller Klarheit in der Meinung - die ist zulässig, die gehört in der Debatte dazu - absolut unakzeptabel", sagte Westerwelle im Radiosender NDR Info. "Ich erwarte auch von denen in der CSU, die den Herrn Bundespräsidenten jetzt persönlich unter Druck stellen, dass sie mehr Respekt gegenüber dem Verfassungsorgan haben. Denn dass das keine leichte Entscheidung ist, das kann sich doch jeder vorstellen." Zugleich sprach sich Westerwelle aber erneut gegen eine Begnadigung Klars aus, "der ja weder seine Taten bereut noch zur Aufklärung der Taten irgendeinen Beitrag geleistet hat".
FDP-Fraktionsvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warf der CSU vor, das Amt des Präsidenten zu beschädigen. Die Drohungen, Köhler nicht mehr wiederwählen zu wollen, nannte die frühere Bundesjustizministerin "unterstes politisches Niveau".
Als "Amtsanmaßung" bezeichnete der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy die Anwürfe gegen Köhler aus den Reihen der Union. "Ich halte es für unziemlich, den Bundespräsidenten in Sachen Gnadenrecht irgendwelche Ratschläge zu erteilen", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Landtags- und Bundestagsabgeordnete seien nur für die Gesetzgebung zuständig, betonte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses. Für die Frage, ob Gnade vor Recht ergehe, liege die alleinige Zuständigkeit und Verantwortlichkeit beim Bundespräsidenten.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, nannte die Drohung aus der CSU, eine Wiederwahl Köhlers blockieren zu wollen, in der "Thüringer Allgemeinen" "unerhört und ausgesprochen respektlos". Die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, sagte der "Berliner Zeitung": "Union und FDP haben keine Achtung vor der Person Horst Köhler und missachten zudem das Präsidentenamt." Die Äußerungen seien "erpresserisch und nötigend".
Quelle: ntv.de