Tiefensees Erkenntnis Mehr Wohngeld nötig
17.01.2008, 07:45 UhrWegen der drastisch gestiegenen Heizkosten fordern SPD-geführte Bundesministerien Entlastungen für Arme. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee sprach sich für ein höheres Wohngeld aus. Umweltminister Sigmar Gabriel machte sich für einen Energie-Sozialtarif stark. Beide sprachen von erheblichen Belastungen für die Haushalte, denen geholfen werden müsse. Während zehn Tage vor den Wahlen in Hessen und Niedersachsen SPD und Union Unterstützung für ein höheres Wohngeld signalisierten, kam aus dem Finanzministerium Widerstand.
Tiefensee verwies darauf, dass die Unterstützung zuletzt 2001 erhöht worden sei: "Das Wohngeld muss angepasst werden, und wir werden jetzt innerhalb der Koalition, aber auch mit den Ländern, in die Diskussion treten, wie wir das möglichst schnell realisieren." Jetzt gelte es auszurechnen, was nötig sei. "Das eine ist, Energiepreise zu senken, das andere ist, dass wir den Menschen unter die Arme greifen, die zu wenig Geld in der Tasche haben, um diese warme Miete aufzubringen."
Große Belastung
Seit dem Jahr 2000 seien die monatlichen Ausgaben für Energie eines Durchschnittshaushaltes um 75 Euro gestiegen, sagte sein Parteifreund Gabriel. Dies sei für Ärmere eine große Belastung, die daher billiger Strom und Gas bekommen müssten. Alle Energieversorger sollten daher dauerhaft einen Sozialtarif in der Grundversorgung anbieten, sagte er im Bundestag. "In einem so reichen Land wie Deutschland darf es keine Energie- oder Brennstoffarmut geben."
Der SPD-Abgeordnete Reinhard Schultz sprach von 800.000 Haushalten, denen jedes Jahr die Anschlüsse von Gas- und Stromversorgern gesperrt würden. Anspruch auf den Sozialtarif könnten Menschen bekommen, denen schon die Rundfunkgebühren erlassen werden mussten. Die Energie-Hilfe solle aber nicht aus öffentlichen Kassen fließen, betonte Schultz. "Wir müssen die Energieversorger dazu verpflichten, ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen und entsprechende Tarife anzubieten."
Mieterbund begrüßt Vorschlag
Der Gesetzentwurf zur Wohngeldnovelle, der derzeit im zuständigen Fachausschuss des Bundestages beraten werde, sollte erweitert werden. "Eine Wohngelderhöhung steht auf der Tagesordnung", erklärten die beiden Unionspolitiker Dirk Fischer und Gero Storjohann. Der Städte- und Gemeindebund nannte eine Erhöhung überfällig angesichts der Miet- und Einkommensentwicklung und der gestiegenen Heizkosten. Der Deutsche Mieterbund begrüßte Tiefensees Vorstoß ebenfalls und brachte eine Anhebung von 15 Prozent ins Gespräch. Zudem sollten die Energiekosten ins Wohngeld einbezogen und die Einkommensgrenze für den Bezug erhöht werden.
Ablehnend reagierte das Finanzministerium auf Tiefensees Vorstoß: "Leider hat der Minister vergessen, ihn vorher mit uns abzustimmen", sagte ein Ministeriumssprecher. "Eine isolierte Initiative, das Wohngeld zu erhöhen, sollte es nicht geben und sie wird daher auch von uns nicht mitgetragen".
Zu den Kosten seines Vorschlages hat sich Tiefensee bislang nicht geäußert. Das Wohngeld wird in Form eines Zuschusses zur Miete oder zu den Kosten für das Eigenheim gezahlt. Derzeit beziehen danach etwa 690.000 Haushalte in Deutschland diese Sozialleistung.
Sozialtarif
Der größte deutsche Energiekonzern E.ON hat nach eigenen Angaben seit Beginn dieses Jahres bereits einen Sozialtarif. Je nach Anbieter betrage die Ersparnis 60 bis 120 Euro im Jahr. Ein RWE-Sprecher sagte: "Wir prüfen derzeit, inwiefern sich ein Sozialtarif realisieren lässt." Der Vattenfall Europe-Konzern erklärte, ein solcher Vorschlag müsse intensiv mit allen Sozialpartnern diskutiert werden. "Und der Staat muss mit am Tisch sitzen, denn schließlich hat er über Steuern und Abgaben einen großen Anteil am Strompreis", sagte eine Sprecherin.
Quelle: ntv.de