Politik

Anschlag in Bagdad Mehr als 100 Todesopfer

Bei dem schwersten Einzelanschlag in Bagdad seit der US-Invasion vor rund vier Jahren sind mindestens 135 Menschen getötet worden. Ein Selbstmordattentäter habe einen mit einer Tonne Sprengstoff bestückten Lastwagen auf einem belebten Markt im Schiiten-Viertel Sadrija in die Luft gejagt, sagte ein Vertreter des Innenministeriums. Mehr als 300 weitere Menschen wurden den Polizeiangaben zufolge verletzt. Zuvor waren bei einer Serie von Bombenanschlägen im nordirakischen Kirkuk mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. US-Präsident George W. Bush forderte von der irakischen Regierung indes entschlossene Schritte, um die Sicherheitslage zu verbessern und drohte indirekt mit Konsequenzen. Die Geduld der USA sei nicht endlos, sagte Bush.

Krater am Tatort

Nach der Explosion auf dem Markt in Sadrija-Viertel war noch in weiter Ferne eine dichte Rauchwolke am Himmel zu sehen. Am Tatort klaffte ein riesiger Krater im Erdboden. Zahlreiche umliegende Gebäude wurden zerstört, von einigen Geschäften riss die Wucht der Explosion die Fassaden ab. In den umliegenden Krankenhäusern spielten sich chaotische Szenen ab. Die Gänge waren überfüllt mit Verletzten. Freunde und Angehörige der Opfer schrieen verzweifelt um Hilfe. In dem Schiiten-Viertel waren erst im Dezember bei einer Bombenserie 51 Menschen getötet worden.

Züge eines Bürgerkriegs

Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki machte Anhänger des hingerichteten Ex-Präsidenten Saddam Hussein und andere sunnitische Rebellen für den Anschlag verantwortlich. "Alle Iraker sind durch diese Verbrechen erschüttert", erklärte er. Zuvor hatte ein US-Geheimdienstbericht eingeräumt, dass die eskalierende Gewalt zwischen den muslimischen Religionsgruppen der sunnitischen Minderheit und der politisch dominierenden schiitischen Mehrheit die Züge eines Bürgerkriegs trage. Die US-Regierung lehnt es bislang ab, die Gewalt im Irak als Bürgerkrieg zu bezeichnen, wie es auch der zum Jahreswechsel abgetretene UN-Generalsekretär Kofi Annan getan hatte.

Sieben Bomben in Krikuk

In Kirkuk detonierten nach Polizeiangaben mindestens sieben Bomben. Die relativ niedrige Opferzahl deute aber darauf hin, dass eher kleinere Sprengsätze verwendet worden seien, hieß es. Zudem hätten sich wegen des Wochenendes nicht so viele Menschen auf den Straßen befunden. Zwei der Autobomben wurden den Angaben nach vor Büros kurdischer Parteien gezündet. Einer dieser Anschläge sei von einem Selbstmordattentäter verübt worden. Andere Explosionen gab es vor einer Tankstelle und einer Schule.

Kämpfe in Mossul

Die Polizei verhängte umgehend ein Fahrverbot für Autos und errichtete Sperren an den Ausfallstraßen. In der noch weiter nördliche gelegenen Stadt Mossul wurde eine generelle Ausgangssperre verhängt, weil es in mehreren Wohngebieten zu Kämpfen zwischen Aufständischen und Polizisten gekommen war. Nach Polizeiangaben wollten die Rebellen die Kontrolle über die Stadt übernehmen. Die Gewalt in Mossul hielt trotz der Ausgangssperre an. Werfergranaten schlugen ein, mindestens eine Autobombe explodierte.

Bush fordert Führungsstärke

Im Internet wurde die Botschaft einer der Al-Kaida nahe stehenden Gruppe verlesen, in der die Ausbreitung der Bombenanschläge auf den ganzen Irak angekündigt wurde. Er verkünde eine neue Strategie, sagte der Sprecher, der sich als Abu Omar al-Baghdadi vorstellte, Anführer des Islamischen Staates Irak. Diese Strategie konzentriere sich nicht auf Bagdad allein, "sondern auf alle Teile des Islamischen Staates". Der irakische Arm der Al-Kaida und weitere sunnitische Gruppierungen hatten diesen "Islamischen Staat Irak" im Oktober ausgerufen.

Bush forderte Maliki auf, im Kampf um eine Befriedung des Irak Führungsstärke zu zeigen. Die irakische Regierung müsse bestimmte Ziele erreichen, dazu gehöre es auch, in Bagdad Ruhe und Ordnung herzustellen, sagte Bush in Williamsburg vor Abgeordneten des Repräsentantenhauses. Bush will weitere 21.500 Soldaten in den Irak schicken - vor allem nach Bagdad, um die Gewalt einzudämmen. Sie sollen die bereits im Irak stationierten 130.000 US-Soldaten verstärken. Sein Vorhaben ist allerdings innenpolitisch umstritten. Die oppositionellen Demokraten, die im Konkress die Mehrheit stellen, lehnen die Pläne ab.

Quelle: ntv.de

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