Schlappe für britische Liberale Mehrheitswahlrecht bleibt
07.05.2011, 09:28 UhrEine Reform des Wahlrechts in Großbritannien findet nicht statt. Eine Mehrheit der Briten ist für eine Beibehaltung des Mehrheitswahlsystems. Das Ergebnis bedeutet eine herbe Niederlage für die in London mitregierenden Liberaldemokraten.
Die britischen Wähler haben mit überwältigender Mehrheit für die Beibehaltung des Mehrheitswahlrechts gestimmt. Die Liberaldemokraten von Vizepremier Nick Clegg, die sich für eine Änderung des Wahlrechts stark gemacht hatten, erlitten auch bei den Kommunalwahlen eine schwere Schlappe. Bei der Regionalwahl in Schottland errangen die nach Unabhängigkeit strebenden Nationalisten einen überragenden Sieg.
Nach Auszählung aller 440 Wahlkreise stand die Ablehnung der Wahlrechtsreform eindeutig fest. 67,9 Prozent stimmten dagegen, 32,1 Prozent dafür. Die Wahlbeteiligung lag bei lediglich 42 Prozent.
Die Liberaldemokraten, Juniorpartner in der seit dem 11. Mai 2010 regierenden Koalition, hatten sich seit langem für eine Wahlrechtsreform ausgesprochen und das Referendum zur Bedingung für eine Regierungsbeteiligung gemacht. Die Konservativen von Premierminister David Cameron wollten am bisherigen Mehrheitswahlrecht festhalten. Die Wahlkampagne hatte die Koalition vor eine Zerreißprobe gestellt.
Beim Mehrheitswahlsystem gewinnt der Kandidat mit den meisten Stimmen im Wahlkreis. Kritiker bemängeln, dass Wahlergebnisse nach dem bestehenden Mehrheitswahlrecht nicht die Wählerzahl einer Partei widerspiegeln, sondern nur gewonnene Wahlkreise. Das von den Liberalen befürwortete Alternativstimmenwahlrecht sollte die Chancen kleinerer Parteien verbessern und den Wählerwillen genauer abbilden.
Liberales Desaster bei Kommunalwahlen
Auch bei den Kommunalwahlen, die in einem Drittel der Städte und Gemeinden stattfanden, unterlagen die Liberalen deutlich. Die Partei verlor ersten Ergebnissen zufolge die Mehrheit in ihrer Hochburg Sheffield an die Labour-Partei. In Manchester, wo sie bisher mit zwölf Abgeordneten im Stadtrat vertreten waren, werden die Liberalen dem Gremium künftig nicht mehr angehören. Weitere Ergebnisse legten die Vermutung nahe, dass die Partei ihr schlechtestes Ergebnis seit den 1980er Jahren einfuhr. Grund dafür sind nach Meinung von Beobachtern unter anderem mehrere von den Liberaldemokraten gebrochene Wahlversprechen.
"Wir haben eindeutig schlechte Ergebnisse erzielt und müssen Lehren daraus ziehen", sagte Parteichef Clegg in einer ersten Reaktion im britischen Fernsehsender Sky News. Die "Beunruhigung" in der Bevölkerung führte er vor allem auf das harte Sparprogramm der Regierung zurück. Einen Rückzug aus der Regierung mit den Tories schloss Clegg jedoch aus. Cameron erklärte, er wolle die Koalitionsregierung bis zum Ende der Legislaturperiode fortsetzen.
Nationalisten siegen in Schottland
In Schottland, wo parallel ein neues Regionalparlament gewählt wurde, trug die Schottische Nationalpartei (SNP) mit 69 von 129 Sitzen einen klaren Wahlsieg davon. Sie hatte bisher eine Minderheitsregierung geführt und konnte der oppositionellen Labour-Partei eine Reihe von Sitzen wegnehmen. Die Partei plant nun ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien, wie der wieder ins Parlament gewählte SNP- und schottische Regierungschef Alex Salmond erklärte.
Bei den Regionalwahlen in Wales verfehlte die dort mit den linksgerichteten Nationalisten von Plaid Cymru regierende Labour Party knapp die absolute Mehrheit. In Nordirland zeichnete sich ein Sieg der beiden großen Formationen Democratic Unionist Party und Sinn Fein ab.
Quelle: ntv.de, AFP