Politik

"Energiegipfel" in Berlin Merkel dämpft die Hoffnungen

Bei einer Demonstration vor dem Wirtschaftsministerium.

Bei einer Demonstration vor dem Wirtschaftsministerium.

(Foto: dpa)

Die Reform der Ökostrom-Förderung bleibt eine Hängepartie. Bund und Länder sind uneins, wie der Strompreisanstieg zumindest zu bremsen ist und erneuerbare Energien ausgebaut werden können. Aus Sicht der Kanzlerin ist der Spielraum für Kompromisse eng.

Die Verbraucher in Deutschland müssen weiter mit hohen Stromkosten rechnen - und mit vielen ungeklärten Fragen rund um die Energiewende. Vor dem "Energiegipfel" von Bund und Ländern in Berlin dämpfte Kanzlerin Angela Merkel Hoffnungen auf sinkende Energiepreise und einen raschen Kompromiss zur weiteren Ökostrom-Förderung. Die Länder pochten vor dem Treffen am Abend im Kanzleramt erneut auf Korrekturen und weniger starke Kürzungen bei den Zuschüssen für erneuerbare Energien.

"Wir können jetzt keine sinkenden Strompreise versprechen", sagte Merkel. Es gelte aber, den Anstieg der Ökostrom-Umlage zu begrenzen und die Kostendynamik bis zum Ende des Jahrzehnts deutlich zu bremsen. Über die Umlage werden Förderkosten etwa für Windräder und Solaranlagen auf die Strompreise abgewälzt.

Claudia Kemfert, Energieexpertin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), widerspricht der CDU-Chefin. Im Gespräch mit n-tv sagte Kemfert, dass "schon heute der Strompreis sinken könnte, wenn man die gesunkenen Börsenpreise auch an die Haushalte weitergeben würde". Zudem müsse man bei den Industrieausnahmen "auf ein vernünftiges Maß" zurückkehren. "Im Moment sind so viele Unternehmen ausgenommen und zahlen so gut wie gar nichts", so Kemfert, die von einer Schieflage spricht, bei der die Privathaushalte unverhältnismäßig viel zahlen würden.

Merkel sagte mit Blick auf die Änderungswünsche der Länder: "Wenn an einer Stelle mehr Geld ausgegeben wird, muss an anderer Stelle gespart werden." Das beschränke die Möglichkeit für Kompromisse. Eine Einigung bei dem Spitzentreffen im Kanzleramt sei daher eher unwahrscheinlich. Sie erwarte aber Fortschritte.

Bund und Länder stünden bei dem Spitzentreffen am Abend unter keinem hohen Druck, sagte Merkel weiter. Der Gesetzentwurf werde erst in der kommenden Woche im Kabinett vorgelegt. Es gehe in den Gesprächen vor allem darum, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln.

Sicher, sauber und bezahlbar

Dass die Energiewende nicht zum Nulltarif zu haben sei, sagte die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, bei n-tv. "Wichtig ist, dass die Energiewende erfolgreich ist und das bedeutet, wir brauchen dauerhaft eine Akzeptanz. Das heißt, es muss sicher, sauber und bezahlbar sein. Alle drei Voraussetzungen müssen erfüllt werden und ich hoffe, dass wir heute hier zu einer Einigung kommen." Man müsse versuchen den Menschen klarzumachen, wie ambitioniert das Projekt Energiewende sei, das so kein zweites Mal auf der Welt gebe. "Wenn wir es schaffen, die Erneuerbaren so ins Zentrum zu rücken, einen 80-Prozent-Anteil bis 2050 von erneuerbaren Energien zu erzielen, dann wird das am Ende eine sehr, sehr kostengünstige Energie sein und wir sind auch unabhängig von anderen Lieferungen." Letzteres hält Kraft für einen wesentlichen Punkt, wie die Ereignisse dieser Tage im Konflikt um die Ukraine gezeigt hätten.

Auch der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, Peter Ramsauer (CSU), bezeichnete die Energiewende bei n-tv als "ein Unternehmen ohne Beispiel in der ganzen Welt". Deswegen seien die ganzen Risiken und Nebenwirkungen auch nicht kalkulierbar gewesen. "Wir haben schon viel Lehrgeld bezahlt und wir werden noch viel, viel Lehrgeld dafür bezahlen müssen." Dennoch dürfe jetzt keine Zeit mehr verloren werden und die Kanzlerin müsse gemeinsam mit den Länderchefs "Nägel mit Köpfen machen".

Wie auch Claudia Kemfert vom DIW sehen die Grünen die Hauptschuld für die hohen Strompreise in den Ausnahmen für die Wirtschaft. Grünenfraktionschef Anton Hofreiter sagte bei n-tv: "Wir sind der Meinung, energieintensive Betriebe, die im internationalen Wettbewerb sind, gehören entlastet, aber es darf halt nicht uferlos geschehen." Die Grünen stören sich insbesondere an den Plänen von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, "die kostengünstigste Form der Stromerzeugung zu deckeln, nämlich die Windkraft an Land. Das macht den Strompreis nicht billiger, sondern treibt ihn eher noch nach oben."

Nach Gabriels Reformplänen soll der Windkraft-Ausbau auf 2500 Megawatt im Jahr beschränkt und der Zubau neuer Biogasanlagen auf 100 Megawatt gedeckelt werden. Solarstrom-Selbstversorger sollen mehr zahlen und Ausnahmen für die Industrie begrenzt werden. Dies ist unter den Ländern umstritten: Der Norden macht sich für mehr Windkraft stark, der Süden dagegen für Biomasse, andere Länder vertreten die Interessen ihrer Industrien. Hinzu kommt der Streit um Stromtrassen.

Eigentlich benötigt der Bund keine Länder-Zustimmung zur Novelle. Sie soll im August in Kraft treten.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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