"Wenn alles nach Plan läuft" Merkel erwähnt Schuldenschnitt
02.12.2012, 11:36 Uhr
Nachdenkliche Gesten am Rande der großen Griechenland-Abstimmung im Bundestag: Die Kanzlerin und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble.
(Foto: REUTERS)
Bei der Suche nach einer Lösung für Athen sieht sich die Bundesregierung mit unangenehmen Vorwürfen konfrontiert: Zögert Deutschland den großen Befreiungsschlag mit Absicht hinaus, um unpopuläre Aktionen erst nach der Wahl auf den Tisch legen zu müssen? Erstmals meldet sich jetzt die Kanzlerin dazu zu Wort.

Gängiges Instrument bei feierlichen Eröffnungszeremonien: Eine Schere für die Kanzlerin.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Diskussionen um verschärfte, kostspielige Hilfsmaßnahmen für das Euro-Mitglied Griechenland reißen nicht ab. Jetzt mischt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich in die Debatte ein: Einen Schuldenschnitt für Griechenland hält sie demnach zu einem späteren Zeitpunkt zumindest für denkbar.
Zunächst müsse jedoch das derzeitige Programm für das hoch verschuldete Land umgesetzt sein, sagte sie der "Bild am Sonntag". "Wenn Griechenland eines Tages wieder mit seinen Einnahmen auskommt, ohne neue Schulden aufzunehmen, dann müssen wir die Lage anschauen und bewerten", erklärte Merkel. "Das ist nicht vor 2014/15 der Fall, wenn alles nach Plan läuft", sagte sie.
Zu Beginn vergangener Woche hatten sich die Euro-Finanzminister und der Internationale Währungsfonds (IWF) auf eine Verschiebung der mit Griechenland vereinbarten Konsolidierungsziele um zwei Jahre auf 2014 geeinigt. Um die dadurch aufgerissene Finanzlücke zu schließen und seinen Schuldenberg auf Sicht abzutragen, soll ein Mix von Maßnahmen helfen. Zentral ist ein Schuldenrückkauf durch die griechische Regierung. Dazu leistet auch Deutschland einen erheblichen Beitrag: Der Rückkauf wird aus den Zinserträgen aus der Kreditvergabe an Griechenland finanziert.
Einen zweiten Schuldenschnitt mit Beteiligung der öffentlichen Kreditgeber lehnen Deutschland und andere nordeuropäische Staaten aus rechtlichen Gründen bislang ab. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ließ allerdings eine Hintertür offen: Die Vorbehalte entfielen, wenn Griechenland einen nachhaltigen Überschuss im Kernhaushalt erzielen würde, also keine zusätzlichen Kredite mehr benötigt.
Kein Zusammenhang mit der Wahl
Merkel wies Spekulationen, dass sie gegen einen Schuldenschnitt wegen der 2013 anstehenden Bundestagswahl sei, zurück. Griechenland habe für das Erreichen bestimmter Haushaltsziele zwei Jahre mehr Zeit bis 2016, sagte sie der Zeitung. Die Kanzlerin bekräftigte bei dieser Gelegenheit erneut, dass ein Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone weitaus teurer zu stehen käme als die Hilfsprogramme. "Wir sollten alle Verunsicherungen vermeiden", sagte die Bundeskanzlerin.
Der Bundestag stimmte den weiteren finanziellen Entlastungen für Griechenland vor dem Wochenende zu. Das ist Voraussetzung dafür, dass Deutschland im Kreise der Euro-Länder am 13. Dezember Kredite von knapp 44 Mrd. Euro an das Krisenland endgültig freigeben kann. Die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel verfehlte dabei die symbolträchtige, aber nicht notwendige Kanzlermehrheit.
Quelle: ntv.de, mmo/rts