Politik

Störfaktor Föderalismus Merkel fordert Bildungsreformen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in der Bildungspolitik mehr gesamtstaatliche Verantwortung von Bund und Ländern eingefordert. Bei der Qualitätsbewertung von Schulen, Hochschulen und anderen Bildungsstätten fragten die Bürger nicht nach föderalen Zuständigkeiten, sagte Merkel auf der Jahrestagung der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) in Dresden.

Damit aber "aus der Bundesrepublik eine Bildungsrepublik" werde, wolle sie sich Ende Oktober mit den Ministerpräsidenten der Länder zu einem "Qualifizierungsgipfel" zusammensetzen. Einen Streit um Bund-Länder-Kompetenzen - wie bereits von einigen Landesregierungen befürchtet - sehe sie dabei nicht, sagte die Kanzlerin.

Wenn Deutschland langfristig seine Wirtschaftskraft und den Wohlstand sichern wolle, führe an weiteren Bildungsreformen kein Weg vorbei, sagte die Kanzlerin vor den rund 900 Wissenschaftlern. 90 Prozent des neuen weltweiten Wissens in der Forschung würden inzwischen außerhalb Deutschland geschöpft. Auch Schwellenländer wie Indien spielten dabei eine immer größere Rolle, sagte Merkel in Anwesenheit des indischen Wissenschaftsministers Shri Kapil Sibal.

Indien weit vorn

Der wiedergewählte Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Peter Gruss, hatte zuvor darauf verwiesen, dass Indien inzwischen viermal so viele Ingenieure und Naturwissenschaftler ausbildet wie die USA. Die MPG baut derzeit ihre Kooperation mit Indien weiter aus.

Merkel sagte, Voraussetzung für Spitzenforschung im eigenen Land sei ein qualitativ hochwertiges Bildungssystem. Zugleich dämpfte die Kanzlerin Erwartungen der Wissenschaft nach schneller Verabschiedung eines umfassenden "Wissenschaftsfreiheitsgesetzes", mit dem die Anwerbung ausländischer Spitzenforscher nach Deutschland erleichtert werden soll. Die Bundesregierung bereite ein solches Gesetz vor, sagte Merkel. Es gebe jedoch noch rechtliche Probleme und Hürden, die nicht gleich mit einem Schlag abzubauen seien.

Beamtenrecht und Globalisierung

Gruss hatte zuvor kritisiert, dass das deutsche Beamtenrecht und Vergütungsregeln im öffentlichen Dienst die Anwerbung ausländischer Spitzenforscher massiv erschwerten. Solche Auflagen passten nicht mehr in eine globalisierte Wissenschaft. Damit sei Deutschland international nicht konkurrenzfähig. Gruss würdigte ausdrücklich die Bemühungen der Bundesregierung, die Ausgaben für Forschung insgesamt zu erhöhen. Doch die jährliche drei-prozentige Steigerung des MPG-Etats, die von Bund und Ländern im "Pakt für die Forschung" bis 2010 vereinbart worden ist, reiche angesichts steigender Energiepreise und der Tarifererhöhungen nicht mehr aus. Für die im Pakt vereinbarten inhaltlichen Ziele bleibe angesichts der Kostenexplosion kein Spielraum.

Die Max-Planck-Gesellschaft richtet mit einem Jahresetat von 1,4 Milliarden Euro die Grundlagenforschung in Deutschland aus. In ihren 79 Instituten arbeiten 13.000 Mitarbeiter, darunter 4700 Wissenschaftler. Hinzu kommen rund 6400 Nachwuchsforscher und Gastwissenschaftler aus dem Ausland. Seit der Neugründung der Gesellschaft 1948 wurden 17 Max-Planck-Forscher mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Gruss berichtete, dass die Gesellschaft jetzt auch über eine eigene Stiftung verfügt, mit der unter anderem Nachwuchskräfte gefördert werden sollen. Dazu seien in kürzester Zeit von Unternehmen und Privatpersonen 350 Millionen Euro Stiftungskapital gespendet worden.

Quelle: ntv.de

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