Politik

Behharlichkeit und gute Nerven Merkel fünf Jahre im Amt

"Wer sie unterschätzt, hat schon verloren": Seit fünf Jahren ist Angela Merkel im Amt.

"Wer sie unterschätzt, hat schon verloren": Seit fünf Jahren ist Angela Merkel im Amt.

(Foto: dpa)

Vor fünf Jahren übernahm Angela Merkel als erste Frau das Kanzleramt. Seither baut sie im In- und Ausland ihre Macht aus. Mögliche Nachfolger scharren mit den Hufen, doch Merkel sitzt fest im Sattel. Nur an Rückhalt bei den Bürgern hat sie laut Umfragen verloren.

Gerhard Schröder täuschte sich gründlich. "Man muss doch mal die Kirche im Dorf lassen", polterte der Noch-Kanzler in der TV-Runde am Abend der Bundestagswahl 2005. "Glauben Sie im Ernst, dass meine Partei auf ein Gesprächsangebot von Frau Merkel eingehen würde, indem sie sagt, sie möchte Bundeskanzlerin werden? Sie wird keine Koalition unter ihrer Führung mit meiner sozialdemokratischen Partei hinkriegen. Das ist eindeutig." Angela Merkel, die mit 35,2 Prozent für die Union schwere Einbußen eingefahren und nur einen dünnen Vorsprung von rund einem Prozentpunkt erzielt hatte, schwieg.

Knapp zwei Monate später, am 22. November 2005, übernahm die CDU-Politikerin aus dem Osten als erste Frau in der Geschichte der Bundesrepublik das Kanzleramt - in einer großen Koalition mit der SPD. Schröder war weg und Merkel da. Das ist nun fünf Jahre her. "Wer sie unterschätzt, hat schon verloren", hat CSU-Chef Horst Seehofer einmal gesagt.

Macht kontinuierlich ausgebaut

Die Liste der Verlierer oder Politiker, die im Wissen um Merkels Stärke nicht mehr angreifen, ist lang. Angeführt wird sie vom CDU-Übervater Helmut Kohl, den Merkel als Generalsekretärin wegen der Parteispendenaffäre mutig und konsequent aufs Abstellgleis schob. Kurz darauf wurde die in der DDR aufgewachsene Pfarrerstochter im April 2000 erstmals zur Vorsitzenden der CDU gewählt. Ex- Unionsfraktionschef Friedrich Merz, Ex-CSU-Chef Edmund Stoiber und zuletzt der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch gehören zu jenen, die nicht mehr an ihr vorbeigekommen sind.

Am 22. November 2005 wird Merkel als Kanzlerin vereidigt.

Am 22. November 2005 wird Merkel als Kanzlerin vereidigt.

(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

Die 56-Jährige hat ihre Macht kontinuierlich national und international ausgebaut. Viele sehen sie als mächtigste Frau in Europa, manche so gar der ganzen Welt. Auch in der CDU ist sie trotz aller Kritik etwa an angeblich fehlendem konservativen Profil unangefochten. Erst vor einer Woche wurde sie mit 90 Prozent zum fünften Mal als Chefin wiedergewählt.

Vorwurf der Führungsschwäche

Merkel hat immer wieder nach dem selben Muster Erfolg. Es ist ein Dreiklang, den sie selbst so beschrieben hat: "Ich habe eine gewisse Art von Beharrlichkeit und Durchsetzungsvermögen. Außerdem habe ich einigermaßen gute Nerven." Das sagte sie 1991. Da war sie gerade Bundesfrauenministerin unter Kohl geworden.

Beharrlich - manche sagen stur - blieb Merkel etwa in der Griechenlandkrise. Anfangs brach über die sonst international so anerkannte Kanzlerin der Zorn von EU-Partnern herein. Am Ende setzte sie sich mit ihrer Forderung nach griechischen Vorleistungen und der Einbindung des Internationalen Währungsfonds (IWF) durch. Sie behielt die Nerven und stärkte ihre Stellung in der Europäischen Union.

Vielmehr als in den vier Jahren der großen Koalition machten Merkel Turbulenzen im ersten Jahr der schwarz-gelben Regierung zu schaffen. Selbst manche Koalitionäre sahen das Wunschbündnis in Gefahr. Merkel wurde Führungsschwäche vorgeworfen. Im Sommerurlaub nahm sie sich einen härteren Führungsstil vor. Seither formuliert sie selbst, nun werde "ernsthafter" regiert. Die Umfragewerte für Union und FDP bleiben aber eher mau. Die Union liegt bei 33, die FDP bei 5 Prozent. Wäre Bundestagswahl, wäre ihre Mehrheit weg.

Aussitzen gelernt

Erstmals wird laut über die Zeit nach Merkel nachgedacht. Und so tobt auch seit einigen Monaten ein Medienrummel um ihren 38-jährigen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der Freiherr aus Bayern ist in Umfragen der beliebteste Politiker. Viele könnten sich ihn als Kanzler vorstellen, heißt es.

Guttenberg hat aber schon Konkurrenz: Bundesumweltminister Norbert Röttgen, auch erst 45, ist gerade Vorsitzender des mächtigen CDU-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen und Merkels Stellvertreter in der Bundes-CDU geworden. Für beide kommen die Spekulationen allerdings nach Ansicht von CDU-Mitgliedern ein paar Jahre zu früh. Es sei fraglich, ob sie sich so lange auf der hohen Welle halten könnten. Auch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (52) - wie Röttgen seit einer Woche Bundes-Vize - ist im Gespräch.

Viele schielen auf die Landtagswahl in Baden-Württemberg im März. Verliere die CDU in ihrem Stammland die Wahl, werde Merkel unter Druck geraten, meinen Parteimitglieder. In Merkels Umgebung heißt es: Sie würde weder als Kanzlerin noch als CDU-Vorsitzende zurücktreten, und die Partei würde das von ihr auch nie verlangen. Und was würde Merkel dann machen? "Das Problem aussitzen", sagt ein Christdemokrat. Das habe sie in der CDU gelernt - von Kohl. Der war 16 Jahre Kanzler.

Quelle: ntv.de, Kristina Dunz, dpa

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