"Kräfte sind nicht unbegrenzt" Merkel fürchtet Überforderung
14.06.2012, 10:45 UhrDie Euro-Schuldenkrise wird auch den G20-Gipfel in Mexiko zu Wochenbeginn beherrschen. Kanzlerin Merkel nutzt ihre Regierungserklärung im Bundestag noch einmal dafür, ihre Lösungsansätze zu erläutern. Eindringlich warnt sie davor, Deutschland durch immer neue finanzielle Belastungen zu überfordern.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat davor gewarnt, Deutschland im Kampf gegen die europäischen Schuldenkrise zu überfordern. "Deutschland ist stark, Deutschland ist Wirtschaftsmotor, und Deutschland ist Stabilitätsanker in Europa", sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung zum bevorstehenden Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) in Mexiko. "Deutschland setzt diese Stärke und diese Kraft auch ein - auch im Dienste der europäischen Einigung und auch im Dienste der Weltwirtschaft." Aber auch Deutschlands Kräfte "sind nicht unbegrenzt".
Es gehe darum, sie glaubwürdig einzusetzen. Alle Krisenlösungen seien Schall und Rauch, "wenn sie am Ende über Deutschlands Kräfte hinauszugehen". Es komme darauf an, nicht die schnellsten Lösungen zu finden, sondern die besten. "Scheinbar einfache Vergemeinschaftungsüberlegungen" seien verfassungsrechtlich nicht machbar und völlig kontraproduktiv, "sie würden das Mittelmaß für Europa zum Maßstab erklären", sagte die Kanzlerin.
"Wir würden mit ihnen unseren Anspruch aufgeben, unseren Wohlstand im weltweiten Wettbewerb zu halten." Gefordert werden beispielsweise Eurobonds oder ein gemeinsamer Schuldentilgungsfonds. Merkel sprach sich für eine stärkere Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) bei der Bankenaufsicht aus.
Übel an der Wurzel packen
Eine Stärkung des Wachstums sowie Haushaltskonsolidierung müssten Hand in Hand gehen, sagte Merkel weiter. Beide Säulen seien unverzichtbar. Die Krise könne nur überwunden werden, wenn an der Wurzel angesetzt werde - nämlich an der massiven Verschuldung, mangelnder Wettbewerbsfähigkeit und mangelnder Verlässlichkeit Europas, seine eigenen Regeln einzuhalten.
"Die Ursachen der schwächelnden Weltwirtschaft liegen wahrlich nicht nur in der Eurozone", betonte sie und forderte: "Alle müssen bereit sein, ihre spezifischen Schwachpunkte zu überwinden". Die EU müsse die Konstruktionsmängel der Währungsunion beheben, die USA sollten ihr Haushaltsdefizit reduzieren, und China und andere Schwellenländer müssten ihre Verantwortung wahrnehmen, "indem sie eine höhere Wechselkursflexibilität zulassen".
Merkel warnte die G20-Partner vor zunehmender Marktabschottung: "Protektionismus verhindert Wachstum." Beim G20-Gipfel seien deutliche Worte nötig. Vier Prozent des Handels zwischen diesen Staaten seien inzwischen durch Auflagen beschränkt. "Ich glaube, hier ist ein deutliches Wort notwendig", sagte Merkel. "Freier Handel ist zu oft nur ein Lippenbekenntnis." Merkel sprach sich dafür aus, das G20-Stillhalteabkommen zur Bekämpfung von Protektionismus zu verlängern.
Merkel räumte ein, dass das Treffen der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer am Montag und Dienstag in dem Küstenort Los Cabos trotz zahlreicher anderer Themen auf der Tagesordnung ganz im Zeichen der Euro-Krise stehen werde.
Quelle: ntv.de, dpa/rts