Umstrittenes Guttenberg-Konzept Merkel geht auf Distanz
17.08.2009, 13:19 UhrDie Bundeskanzlerin legt Wert darauf, nichts mit dem umstrittenen Papier aus dem Wirtschaftsministerium zu tun zu haben, in dem Unternehmensentlastungen und die Rücknahme der Mindestlöhne gefordert werden. Aber auch Wirtschaftsminister Guttenberg ist inzwischen auf Distanz gegangen. Mit den Worten "So geht das nicht" soll er die Ideensammlung komplett verworfen haben.
Das von der SPD attackierte Papier von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mit umstrittenen Ideen zur Industrie- und Arbeitsmarktpolitik geht nicht auf eine Initiative der Kanzlerin zurück. Der längst überholten Stoffsammlung habe kein Auftrag von Angela Merkel zugrunde gelegen, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm.
Es werde keine Ergänzungen im Wahlprogramm der Union geben, betonte auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nach einer Sitzung der Parteispitze in Berlin. Dieses Papier gebe "nicht den politischen Willen des Bundeswirtschaftsministers wieder" und habe im CDU-Präsidium keine Rolle gespielt.
Nach Angaben des Wirtschaftsressorts hatte sich inzwischen auch Guttenberg von den über 300 Vorschlägen aus seinem Haus intern mit den Worten "So geht es nicht" distanziert. Guttenberg habe diese "Ideensammlung", die von Referatsleitern zusammengetragen worden sei, "komplett verworfen", sagte Ministeriumssprecher Steffen Moritz. Das Papier sei daher eine "überholte Stoffsammlung", deren "Sinn und Zweck es war, intern zu bleiben", sagte Moritz.
Demnach beauftragte Guttenberg sein Ministerium "vor einigen Monaten", Vorschläge für ein industriepolitisches Konzept zu sammeln. Daraufhin hätten die Referatsleiter Vorschläge zusammengetragen, die aus ihrer Sicht in dem Papier enthalten sein sollten, sagte Moritz. An dem Konzept werde deshalb weiter gearbeitet. Offen ist, ob die wirtschaftspolitischen Ideen noch vor der Bundestagswahl Ende September veröffentlicht werden.
"Lässt mich grausen"
Die Kritik an dem Entwurf hält aber weiter an. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Was Herr zu Guttenberg anstrebt, lässt mich grausen: Arbeitnehmerrechte beschneiden, Mindestlöhne wieder abschaffen und Mehrwertsteuer erhöhen. Was im Guttenberg-Papier steht, führt zu mehr Arbeitslosigkeit." Die IG Metall kritisiert, Guttenberg wolle sich "als Abwrackminister von Arbeitnehmerrechten" profilieren.
Das Papier von Guttenberg sieht eine "Entlastung der Unternehmen", "Senkung der Lohnnebenkosten" und "Erleichterungen" beim Umweltschutz vor. Nach Angaben der "Frankfurter Rundschau" stammt das Papier aus dem Juli 2009.
Zweifel an dem Dementi des Wirtschaftsministeriums äußerte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel: "Denn in dem Papier steht präzise das, was ich seit vier Jahren aus dem Wirtschaftsministerium höre", sagte Gabriel dem Düsseldorfer "Handelsblatt". FDP-Fraktionsvize Rainer Brüderle lobte dagegen die Guttenberg zugeschriebenen industriepolitischen Forderungen: "Der Bundeswirtschaftsminister fordert viel Richtiges", sagte er der "Rheinischen Post".
Quelle: ntv.de, dpa/AFP