Politik

Warum Friedrich gehen musste Merkel kommentiert Edathy-Affäre

Bundeskanzlerin Merkel hat eine Woche lang gar nichts zur Edathy-Affäre gesagt.

Bundeskanzlerin Merkel hat eine Woche lang gar nichts zur Edathy-Affäre gesagt.

(Foto: REUTERS)

Nach einer Woche meldet sich auch Angela Merkel in der Edathy-Affäre zu Wort. Die Kanzlerin sieht noch viele offene Fragen, trotzdem schont sie die SPD und Vizekanzler Gabriel erst einmal.

Angela Merkel ist ein Kommunikations-Phänomen. Über eine Woche lang schweigt sie zur Edathy-Affäre. Während Politiker aus allen Parteien und Beteiligte aus der Justiz täglich neue Bewertungen vornehmen, gibt sich die Kanzlerin wortkarg. Sie beschränkt sich auf nichtssagende Floskeln, die sie ihren Regierungssprecher Steffen Seibert verbreiten lässt. "Jetzt ist für die Kanzlerin wichtig, dass alle im Raum stehenden Fragen geklärt werden", sagte dieser am Montag. Was Merkel wirklich denkt - über Edathys Fotos, das Verhalten von Hans-Peter Friedrich oder Sigmar Gabriel - erfahren die Deutschen nicht.

Doch nun hat die Kanzlerin ihre Zurückhaltung aufgegeben. Bei einer Pressekonferenz mit dem Schweizer Bundespräsidenten, bei dem es eigentlich um ganz andere Themen geht, nimmt sie erstmals selbst Stellung zur Edathy-Affäre. Ein Machtwort spricht sie nicht. Auf den ersten Blick sagt Merkel wenig Neues - und doch steckt im Detail die eine oder andere Überraschung.

Warum Friedrich zurücktreten musste

In der Edathy-Affäre geht es Merkel zufolge darum, das "Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat" zu bewahren. "Wenn hier Zweifel entstehen, dann sind wir alle letztendlich Diener des Rechtsstaats." Die Botschaft der Kanzlerin ist deutlich: Im Mittelpunkt steht nicht, dass Friedrich geschasst wurde. Unabhängig davon, ob Friedrich tatsächlich gegen Recht verstoßen hat: Bei einem Bundesminister genügt allein der Anschein. Dabei darf es nicht einmal den Anflug eines Zweifels geben, dass die Bundesregierung den Rechtsstaat gering schätzt. Friedrichs Rücktritt war demnach unausweichlich.

Merkel entlastet Oppermann

Während eines Treffens mit Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel will Merkel am Mittwochabend erstmals davon erfahren habe, dass Friedrich den Sozialdemokraten schon im Herbst informiert hat. Damit bestätigt Merkel etwas Bemerkenswertes. Warum informierte ihr Minister zwar den Chef des künftigen Koalitionspartners, nicht aber die eigene Chefin? Darauf geht sie jedoch nicht näher ein. Zweimal weist die Kanzlerin darauf hin, wie wichtig es sei, Presseanfragen nach "bestem Wissen und Gewissen zu beantworten".

Besonders Thomas Oppermann dürfte sich darüber freuen. Die Erklärung, in der der SPD-Fraktionschef am Donnerstag bekanntgab, dass die SPD-Spitze seit Oktober im Bilde war, war offenbar zumindest in groben Zügen mit Merkel abgesprochen. Das entlastet Oppermann, dem viele Unionspolitiker vorwerfen, er habe Friedrich "ans Messer geliefert".

Was Merkel nicht sagt

Bemerkenswert ist auch, was Merkel nicht sagt: Zur SPD verliert sie während ihres Auftritts nicht ein kritisches Wort. Ganz im Gegenteil. Nicht nur schont die Kanzlerin Oppermann, sie stößt auch nicht in die vermeintlich offene Flanke des Koalitionspartners. So spricht sie weder über BKA-Chef Jörg Ziercke noch über dessen umstrittenes Telefonat mit Oppermann. Zur Entlastung Oppermanns kommt also ein Verzicht auf eine gezielte Attacke.

Wie Merkel sich schützt

Dass die Kanzlerin zum Telefonat zwischen Oppermann und Ziercke schweigt, hat einen Vorteil: Sollte es hier in den nächsten Tagen noch eine neue Wendung geben, ist sie nicht angreifbar. Dabei verweist Merkel auch auf die vielen "offenen Fragen", die vom Bundestag, sprich: vom Innenausschuss und notfalls auch in einem Untersuchungsausschuss, zu klären seien. Die Kanzlerin will also erst einmal abwarten, was noch kommt. Gut für Merkel: Man weiß ja nie, was die Edathy-Affäre noch bringt. Es könnte sein, dass der SPD-Spitze noch Ärger droht (wenn etwa doch noch herauskommt, dass Edathy aus der SPD informiert wurde), aber forcieren will sie das erst einmal nicht. Sollte Oppermann zurücktreten müssen, soll es nicht so aussehen, als habe Merkel damit etwas zu tun.

Das Gespräch der Parteichefs

"Es geht natürlich auch um Vertrauen in der Koalition", sagt Merkel mit Blick auf das Gespräch der drei Parteichefs an diesem Abend. Die Krisensitzung findet hinter verschlossenen Türen statt. Ob Merkel oder CSU-Chef Horst Seehofer dann möglicherweise ein inhaltliches Entgegenkommen der SPD bei strittigen Themen wie Energiewende oder Mindestlohn einfordern, quasi als Gegenleistung für das "Opfern" Friedrichs, dringt dann möglicherweise gar nicht erst nach außen.

Quelle: ntv.de, hvo/cro

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