Politik

Griechen-Votum nur erster Schritt Merkel lobt Athen

Kanzlerin Merkel zeigt sich zufrieden: Die Entscheidung des griechischen Parlaments, das Ministerpräsident Papandreou das Vertrauen aussprach, sei "ein wichtiger Schritt". Zugleich pocht sie erneut auf einen substanziellen Beitrag der Privatgläubiger.

Im Kampf gegen die drohende Staatspleite hat Griechenlands Regierung einen wichtigen Etappensieg errungen. Nun muss sie bis Ende Juni ihr hartes Sparpaket durchs Parlament bringen. Die nächste internationale Finanzspritze wird dringend benötigt - 12 Milliarden Euro schwere Kredite, die an das Sparprogramm Athens gebunden sind. Kanzlerin Angela Merkel reagierte erleichtert auf die Entscheidung des griechischen Parlaments, der Regierung Papandreou das Vertrauen auszusprechen.

Merkel findet Worte des Lobs.

Merkel findet Worte des Lobs.

(Foto: AP)

"Das ist ein wichtiger Schritt", sagte Merkel am Tag vor Beginn des Brüsseler EU-Gipfels. Die Bundesregierung bemüht sich in Gesprächen mit privaten deutschen Gläubigern Griechenlands um konkrete Hilfszusagen auf freiwilliger Basis. Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen sich bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel, das am Donnerstagabend beginnt, mit dem krisengeschüttelten Euroland solidarisch zeigen.

Das Parlament in Athen hatte Ministerpräsident Giorgos Papandreou und seine sozialistische Regierung am frühen Mittwochmorgen hauchdünn vor dem Aus bewahrt. In einer dramatischen Nachtsitzung stimmten von den 300 Abgeordneten 155 für die Regierung, 143 dagegen. Rund 10.000 Menschen demonstrierten vor dem Parlament gegen den radikalen Sparkurs der Regierung, viele bis spät in die Nacht.

EU will Regierung den Rücken stärken

In den Staatskassen des Eurolandes ist nur noch bis Mitte Juli Geld. Papandreou will keine Zeit verlieren, um sein umstrittenes Sparprogramm billigen zu lassen. Der Ministerrat hat die Maßnahmen bereits gebilligt und will sie direkt ins Parlament schicken. Griechenland war das erste Euroland, das 2010 mit Zusagen für 110 Milliarden Euro an den Finanztropf von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF) musste. Später kamen Irland (85 Milliarden Euro) und Portugal (78 Milliarden Euro) hinzu. Inzwischen ist klar, dass Griechenland nicht ohne zweites Rettungspaket über die Runden kommen wird. Im Gespräch sind bis zu 120 Milliarden Euro. Auch dafür sind die strikten Sparbeschlüsse eine wichtige Bedingung.

Merkel mahnte in Berlin, nach der gewonnenen Abstimmung müsse der nächste Schritt der griechischen Regierung kommende Woche folgen. Bei dem Sparprogramm soll nach dem Willen der Euro-Partner auch die Opposition mitziehen, als Voraussetzung für weitere Hilfen. Merkel kritisierte: "Das gestaltet sich im Fall Griechenlands schwieriger als im Fall Portugals." Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen Ministerpräsident Papandreou nach Angaben von Diplomaten den Rücken stärken, um das Land aus der Schuldenkrise zu führen, die andere Länder wie Spanien oder Italien anzustecken drohe.

Der zweitägige EU-Gipfel wird laut Einladungsschreiben und der vorbereiteten Abschlusserklärung keine Entscheidungen zu neuen Griechenland-Hilfen treffen. Dies bleibt den Euro-Finanzministern vorbehalten, die am 3. Juli in Brüssel erwartet werden. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso will bei dem Brüsseler Gipfel vorschlagen, etwa eine Milliarde Euro aus EU-Regionalfördertöpfen früher an Athen auszuzahlen.

"Beitrag des privaten Sektors konkretisieren"

Merkel sagte, der Beitrag der Privatgläubiger solle freiwillig sein - es müsse aber alles daran gesetzt werden, einen "bestimmten Betrag auch quantifizieren zu können". Bei einem Treffen der Euro-Finanzminister am vorigen Wochenende sei vereinbart worden, dass man "auf internationaler und nationaler Ebene sich darum bemüht, (...) diesen freiwilligen Beitrag des privaten Sektors zu konkretisieren", sagte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Kotthaus. Es sei zudem wichtig, die Europäische Zentralbank (EZB) und die EU-Kommission für den Kurs zu gewinnen, sagte Merkel.

"Wir verkaufen nicht": Die Proteste gegen die Prvatisierungen in Greichenland dauern an.

"Wir verkaufen nicht": Die Proteste gegen die Prvatisierungen in Greichenland dauern an.

(Foto: REUTERS)

Angesichts der Schuldentragödie in Griechenland gewinnt auch die Eurobonds-Debatte wieder an Fahrt: EU-Währungskommissar Olli Rehn zeigte sich offen für gemeinsame Anleihen der Euro-Länder. Diese Eurobonds könnten die Haushaltsdisziplin stärken und das gemeinsame Währungsgebiet stabiler machen, sagte er im Europaparlament. Bisher gibt es keine gemeinsame Schuldenpolitik im Eurogebiet - jeder Staat gibt eigene Anleihen heraus. Eurobonds-Gegner wie Deutschland und Frankreich fürchten, ein gemeinsamer Zinssatz nehme den Schuldenstaaten die Motivation, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen.

Der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Roth, macht für die Krise in Griechenland und in anderen Euro-Ländern auch die deutsche Bundesregierung mit verantwortlich. "Merkel hat zu lange laviert, sie ist ihrer Führungsverantwortung nicht gerecht geworden", sagte Roth bei n-tv. Deutschland habe immer neue Rettungspakete geschnürt, die an der Wurzel des Übels vorbeigehen. "Was wir jetzt in Griechenland brauchen, sind eben nicht nur massive Einsparungen, sondern wir brauchen vor allem auch Wachstum, um die wirtschaftliche Lage in Griechenland zu stabilisieren."

"Pflicht, auf eigenen Beinen zu stehen"

Am Dienstagabend hatte Papandreou seine Landsleute vor dem Votum aufgefordert, ihre patriotische Pflicht zu tun. Das Land dürfe nicht bankrottgehen und müsse unabhängig bleiben. "Heute wird uns geholfen. Es ist aber unsere Pflicht, auf eigenen Beinen zu stehen", sagte er. Ursachen der Krise seien Versäumnisse der Griechen. Antonis Samaras, Vorsitzender der oppositionellen konservativen Nea Dimokratia, will zwar mit den anderen politischen Kräften Griechenlands in der Krise kooperieren. Das Vertrauen seiner Partei hätten die regierenden Sozialisten aber nicht. "Das Sparprogramm führt nirgendwo hin", warnte Samaras.

Die Finanzmärkte reagierten beruhigt auf das Vertrauensvotum für Papandreou. An den Devisen-, Anleihen- und Aktienmärkten zeigten sich nach teilweise turbulenten Vortagen im Mittagshandel kaum Kursbewegungen. Das Votum sei aber nur die erste Hürde auf dem Weg zur Rettung des Eurolandes, betonten Händler. Wenig Bewegung ergab sich bei den Kursen der unmittelbar von der Abstimmung betroffenen Staatsanleihen Griechenlands. Auch die Staatsanleihen der ebenfalls hoch verschuldeten Euroländer Portugal und Irland reagierten kaum auf die Abstimmung im Athener Parlament.

Quelle: ntv.de, dpa

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