Gläserne Decke funktioniert Merkel sauer auf die Wirtschaft
08.02.2011, 21:03 UhrFrauenquoten lehnt die Kanzlerin ab, aber ein wenig Frauenförderung soll schon sein. Also setzt Merkel ein Spitzengespräch zu familienfreundlichen Arbeitszeiten an. Von denen sollen dann Mütter und Väter profitieren.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft scharf kritisiert. Es sei ein "ziemlicher Skandal", dass in den 200 größten deutschen Unternehmen nur drei bis vier Prozent dieser Funktionen mit Frauen besetzt seien, sagte sie auf einer Tagung zu familienfreundlichen Arbeitszeiten in Berlin.
Der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist von 2000 bis 2007 in Deutschland in der Privatwirtschaft um drei Prozent und im öffentlichen Dienst um vier Prozent gestiegen, belegt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Insgesamt sind demnach Frauen in Ostdeutschland häufiger in leitenden Positionen anzutreffen als im Westen. Generell bleibe ihr Anteil aber weiterhin deutlich hinter dem Anteil aller beschäftigten Frauen zurück.
Chance für Unternehmen

Die Kanzlerin im Gespräch mit der Familienministerin, die demnächst auch Familie und Beruf unter einen Hut bringen muss.
(Foto: REUTERS)
Trotz der vor zehn Jahren vereinbarten Selbstverpflichtung sei wenig passiert, so Merkel. Die Bundesregierung wolle den Unternehmen "noch eine Chance" geben, an der Situation etwas zu verbessern. "Seien Sie kreativ, sonst werden wir kreativ sein", rief Merkel den anwesenden Spitzenvertretern der Wirtschaftsverbände mit Blick auf die Debatte um eine Quote für Frauen in Firmenvorständen und Aufsichtsräten zu. Die von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) geforderte hatte die Kanzlerin jedoch abgelehnt.
Dringenden Handlungsbedarf gibt es nach Ansicht Merkels bei der Schaffung von familienfreundlichen Arbeitszeiten in der Wirtschaft. Darauf legten auch immer mehr junge Väter Wert. "Der Wunsch nach mehr Zeit für Familie steht bei berufstätigen Eltern ganz oben auf der Prioritätenliste", erklärte Familienministerin Kristina Schröder (CDU). Zugleich müssten sich die Unternehmen wegen Fachkräftemangels als "attraktive Arbeitgeber" in Position bringen.
In einer von Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertretern unterzeichneten Charta wird dazu aufgerufen, die Chancen familienbewusster Arbeitszeiten aktiver zu nutzen. Im Frühjahr 2013 soll eine Bilanz gezogen werden. Als vage Versprechungen kritisierte die Opposition den Vorstoß. Selbstverpflichtungen reichten nicht aus, erklärte die SPD-Familienpolitikerin Caren Marks.
Quelle: ntv.de, dpa