Richterstreit Merkel soll sich einschalten
17.02.2008, 12:19 UhrDie SPD lässt im Koalitionsstreit über die Wahl des Würzburger Staatsrechtlers Horst Dreier zum Bundesverfassungsrichter nicht locker. Ihr Bundestagsfraktionschef Peter Struck rief Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, sich einzuschalten. "Hier ist eine ganz ärgerliche Situation entstanden. Sie muss sich als CDU-Vorsitzende einschalten, denn hier geht es um das Prinzip: Akzeptiere ich den jeweiligen Vorschlag des anderen oder akzeptiere ich ihn nicht", sagte Struck am Samstag im RBB-Inforadio.
Merkel war auf die Forderung des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck nach einem Gespräch bisher nicht eingegangen. Eine vom "Focus" gemeldete Verabredung beider Parteichefs für den 25. Februar - einen Tag nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg - wurde in der SPD-Zentrale nicht bestätigt.
Dreier soll auf Vorschlag der SPD-Bundesländer zum Nachfolger des scheidenden Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe, Winfried Hassemer, gewählt werden. Dafür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat nötig. Im Falle einer Wahl könnte Dreier nach den Karlsruher Gepflogenheiten damit rechnen, in zwei Jahren Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier im Amt zu folgen.
Seit Jahrzehnten werden die Karlsruher Richter auf Vorschlag einer der beiden großen Parteien üblicherweise von der jeweils anderen mitgewählt. Im Fall Dreier haben die Unionsländer jedoch abweichend von der Tradition Ablehnung signalisiert. Sie äußern Vorbehalte gegen angebliche Äußerungen Dreiers, wonach zum Beispiel in Entführungsfällen eine Aufweichung des Folterverbots denkbar sei. Auch werfen ihm Unionspolitiker vor, als Mitglied im Nationalen Ethikrat für eine Liberalisierung des Embryonenschutzgesetzes eingetreten zu sein.
Struck sagte, über Dreiers wissenschaftliche Positionen könne man streiten, "aber das ist ein hoch angesehener Mann. Man tut ihm bitter Unrecht, wenn man ihn so qualifiziert, wie manche das tun." Man tue ihm auch Unrecht, wenn man ihm unterstelle, "er sei für Folter".
Die SPD habe in der gesamten Geschichte der Besetzung von Karlsruher Richtern niemals aus inhaltlichen Gründen einen Vorschlag abgelehnt, sagte Struck. "Wir hätten manche Vorschläge schon ablehnen können. Roman Herzog, der ein guter Präsident war, aber der auch bestimmte Auffassungen im Bereich der Innenpolitik hatte, die man als Sozialdemokrat nicht akzeptieren konnte, ist von uns mitgewählt worden."
Es müsse beim bewährten Verfahren bleiben, intern miteinander zu reden, wer als Vorschlag infrage komme, verlangte Struck. "Und die gute Regelung, dass nämlich eine Zweidrittelmehrheit gefunden werden muss im Bundestag oder in diesem Fall konkret im jetzigen Bundesrat, muss auf jeden Fall weiter gelten."
Quelle: ntv.de