Atomausstieg bis 2020 oder 2021 Merkel sucht Zustimmung
27.05.2011, 10:08 Uhr
Viele Hürden: Merkel muss Union, FDP und auch die Opposition für ihren Weg des Atomausstiegs gewinnen.
(Foto: dapd)
Um für ihre Energiewende auch im Bundesrat eine Mehrheit zu erhalten, lotet Kanzlerin Merkel bei Treffen mit SPD und Grünen Einigungschancen aus. Offenbar kann sich Merkel einen Ausstieg bis 2020 oder 2021 vorstellen - und wäre damit zurück beim rot-grünen Ausstiegsdatum.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sondiert nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" schon vor den entscheidenden Beratungen der Koalition über einen Atomausstieg Einigungschancen mit der Opposition. Merkel traf sich nach Informationen der Zeitung am Mittwoch mit SPD-Parteichef Sigmar Gabriel sowie Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, um über einen Energiekonsens zu sprechen. Zusagen oder Vereinbarungen habe es nicht gegeben, berichtet die Zeitung unter Berufung auf SPD-Kreise. Ähnliche Kontakte habe es auch zu den Grünen gegeben.
Ob die Kanzlerin tatsächlich die Unterstützung der Opposition im Bundestag sucht, sei unklar geblieben, hieß es bei den Sozialdemokraten. Allerdings sei der Eindruck entstanden, dass Union und FDP bei den Gesetzen den Bundesrat weitgehend umgehen wollen, in dem Schwarz-Gelb keine Mehrheit mehr hat.
Ausstieg à la Rot-Grün
Nach dem Eindruck der Sozialdemokraten dürfte Merkel versuchen, die schwarz-gelbe Koalition auf ein Ausstiegsdatum zwischen 2020 und 2021 festzulegen, so das Blatt. Das Datum wäre vergleichbar mit jenem des rot-grünen Atomausstiegs. Unklar sei in dem Gespräch geblieben, ob Merkel ein fixes Datum festschreiben wolle oder sich per Revisionsklausel eine nochmalige Verschiebung des Ausstiegs offen halten wolle. Die SPD lehnt dies ab. Die SPD habe zudem den Eindruck gewonnen, dass Merkel bereit sei, auf die Brennelementesteuer zu verzichten. Die SPD drängt aber darauf, die Stromkonzerne an den Kosten für die Sanierung der Atomlager Asse und Morsleben zu beteiligen.
Die Grünen, deren vierköpfige Partei- und Fraktionsspitze ebenfalls am Mittwoch mit Merkel zusammengekommen sein soll, wollen sich nach dem "SZ"-Bericht auf eine bloße Rückkehr zum rot-grünen Atomausstieg aus dem Jahr 2000 nicht einlassen. Sie hätten Merkel deutlich gemacht, dass das für einen Konsens nicht ausreiche. Wie die Sozialdemokraten lehnen sie jede Klausel ab, die eine abermalige Verschiebung des Ausstiegs ermöglichen würde. Auch forderten sie ehrgeizigere Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien.
FDP will Atomsteuer behalten
Aufklärung bitte: Rösler will Klarheit über das angebliche Aus der Brennelementesteuer.
(Foto: dapd)
FDP-Chef Philipp Rösler stemmt sich derweil gegen das mögliche Aus für die Brennelemtesteuer. Die Union müsse offen sagen, ob sie die Brennelementesteuer wirklich abschaffen will und wie sie das gegenfinanzieren wolle, sagte der Wirtschaftsminister und Vizekanzler der "Bild"-Zeitung. "Die FDP ist jedenfalls dagegen", machte Rösler klar. "Wir sollten die Mehrbelastungen für den Bundeshaushalt so gering wie möglich halten."
Am Sonntag wollen die Spitzen der Koalition über den Atomausstieg und die Zukunft der Steuer sprechen, die bei der erstmaligen Benutzung neuer Brennelemente für die AKW-Betreiber fällig wird. Sie sollte dem Bund bis 2016 jährlich bis zu 2,3 Milliarden Euro bringen. Wenn aber im Zuge der Reaktorkatastrophe von Fukushima bis zu acht Meiler stillgelegt werden, würden sich die Einnahmen stark mindern.
Die Union erwägt eine Streichung der Steuer, deren Einnahmen zur Sanierung des maroden Atomlagers Asse und zur Haushaltskonsolidierung genutzt werden sollen. So hätten die Energiekonzerne mehr Luft für Investitionen in erneuerbare Energien. Nach Meinung von CSU-Chef Horst Seehofer ist die Steuer bereits vom Tisch.
Quelle: ntv.de, dpa