Politik

Milliardär will die Ukraine retten Merkel trifft den "Schokoladenbaron"

Einer der reichsten Ukrainer: Petro Poroschenko.

Einer der reichsten Ukrainer: Petro Poroschenko.

(Foto: AP)

Obwohl sich prorussische Kräfte und ukrainische Truppen Gefechte liefern, soll Ende des Monats in der Ukraine ein neuer Präsident gewählt werden. Aussichtsreichster Kandidat ist ein schwerreicher Geschäftsmann, der sich bisher als überaus flexibel erwiesen hat.

Er ist einer der reichsten Männer der Ukraine, wird als "Schokoladenkönig" bezeichnet und könnte der nächste Präsident des Landes sein: Petro Poroschenko. In den Umfragen führt er mit deutlichem Abstand, doch gewonnen hat er die Wahlen noch lange nicht - zumal noch völlig offen ist, ob diese überhaupt stattfinden. Schließlich steht die Ukraine am Rand eines Bürgerkriegs.

Vor diesem Hintergrund trifft sich Poroschenko am Abend mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Berlin, um über einen Weg aus der Krise zu sprechen. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil vor einigen Wochen kaum jemand für möglich gehalten hätte, dass Poroschenko als kommender Präsident gehandelt wird. Doch in der Ukraine hat sich in letzter Zeit viel verändert. Und so gilt plötzlich ein Milliardär als Hoffnungsträger, der schon lange in der Politik umtriebig ist.

Der 48-jährige Volkswirt machte sein Vermögen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den 1990er Jahren. Laut "Forbes" ist er 1,3 Milliarden Dollar schwer und damit der fünftreichste Ukrainer. Anders als die meisten Oligarchen der Ukraine, die sich in dieser Zeit billig Staatseigentum unter den Nagel rissen, erarbeitete sich Poroschenko den Großteil seines Reichtums offenbar selbst.

Er begann mit dem Verkauf von Kakaobohnen, übernahm schrittweise mehrere Süßwarenfabriken und gründete schließlich den Branchengiganten Roschen, der nach Firmenangaben 450.000 Tonnen Süßwaren pro Jahr herstellt. Ihm gehören auch Automobil- und Busfabriken, eine Werft und nicht zuletzt ein oppositionsnaher Fernsehsender, der live von den Protesten auf dem Unabhängigkeitsplatz in der Hauptstadt Kiew berichtete. Diese trieben den russlandtreuen Staatschef Viktor Janukowitsch schließlich aus jenem Amt, das Poroschenko nun anstrebt. Er gilt zudem als wichtigster Geldgeber der Protestbewegung.

Kreml schließt Fabrik

Als Oligarch sieht sich der Milliardär aber nicht. "Ich bin kein Oligarch, und ein Oligarch sollte niemals Präsident werden", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Für mich bedeutet Oligarchie, dass bewusst Druck aufgebaut wird, das politische System für Geschäfte genutzt wird. Ich habe immer das Gegenteil gemacht. In den letzten Jahren standen meine Geschäfte am Abgrund, weil Janukowitsch und Russland mich aus politischen Gründen bekämpft haben."

Dabei waren die beiden Männer nicht immer Gegner. Der Milliardär war 1998 zum ersten Mal politisch in Erscheinung getreten, als er Abgeordneter im Windschatten des damaligen Präsidenten Leonid Kutschma wurde. Zwei Jahre später gründete er mit Gleichgesinnten die Partei der Regionen, der auch Janukowitsch angehört. Bald darauf wechselte Poroschenko jedoch die Seiten und tat sich mit seinem Freund Viktor Juschtschenko zusammen, der im Jahr 2004 zum Helden der "Revolution in Orange" und zum ukrainischen Staatschef aufstieg.

Unter Juschtschenko war Poroschenko in den Jahren 2009 und 2010 Außenminister, blieb aber politisch außerordentlich flexibel: Als in Kiew wieder Janukowitsch ans Ruder gelangte, übernahm er im Jahr 2012 kurzzeitig ein Ministeramt.

Poroschenko gilt als unideologisch und pragmatisch. Mit Russland machte er über Jahre gute Geschäfte, zugleich genießt er innerhalb der Protestbewegung einen guten Ruf. So hoffen viele Ukrainer, dass er hilft, die Krise zu lösen. Doch selbst wenn die Wahlen am 25. Mai tatsächlich stattfinden, muss der Milliardär sie nicht zwangsläufig gewinnen. Die Stimmung im Land sei unberechenbar und könne schnell kippen, warnen Beobachter. "Poroschenko muss sehr vorsichtig sein. Im Moment ist die Stimmung im Land für ihn", sagte Wolodimir Fesenko von der Denkfabrik Penta. Ob das auch im Süden und Osten der Ukraine der Fall ist, wo prorussische Kräfte öffentliche Gebäude besetzt halten?

Der Kreml reagierte auf die Präsidentschaftskandidatur Proschenkos jedenfalls auf seine Weise. Die Moskauer Justiz sperrte die Konten von Roschen und legte die Produktion eines Werks im russischen Lipezk still.

Quelle: ntv.de, jga/rts/AFP

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