Politik

Klimaschutz, EU-Verfassung Merkel vage, Opposition sauer

Zwei Monate nach Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hat die Opposition der Bundesregierung ein schlechtes Zwischenzeugnis ausgestellt. FDP, Grüne und Linkspartei warfen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag fehlenden Mut im Klimaschutz und mangelnde Klarheit über ihr Ziel in der Debatte um den europäischen Verfassungsvertrag vor.

Alle drei Oppositionsfraktionen verlangten von der Kanzlerin als amtierender Ratspräsidentin auch, die geplante Stationierung von US-amerikanischen Raketenabwehrsystemen in Polen und Tschechien auf die europäische Tagesordnung zu setzen. In der kommenden Woche, am 8. und 9. März, findet in Brüssel der EU-Frühjahrsgipfel statt.

Merkel sagte in einer Regierungserklärung, die EU befinde sich vor "einer wichtigen Weggabelung", versäumte Anpassungen an die neue Größe der Europäischen Union und an eine "völlig veränderte Weltlage" müssten vorgenommen werden. "Wir wollen das europäische Projekt vorantreiben."

"Es ist Zeit zum Handeln"

Die Kanzlerin zeigte sich zuversichtlich, dass in der EU eine Verständigung über weit reichende Umweltziele gelingen werde. "Es ist Zeit zum Handeln und deshalb muss gehandelt werden." Sie werde sich dafür einsetzen, dass die EU-Staaten ihren Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase bis 2020 um 20 Prozent senken. Merkel deutete an, dass sie beim Gipfel in diesem Punkt noch Widerstände erwarte.

Merkel sagte weiter, angesichts dramatischer Zeichen des Klimawandels stehe Europa in der Pflicht zu beweisen, dass die selbst gesteckten Klimaschutzziele erreichbar seien. Niemand dürfe die Augen vor den Tatsachen verschließen, dass es in den letzten zwölf Jahren elf der wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung gegeben habe, dass der Anstieg des Meeresspiegels Städte wie Amsterdam, Venedig, Kairo und Bombay gefährde und dass bei anhaltender Erderwärmung in deutschen Mittelgebirgen wie dem Harz Tropennächte erwartet würden.

Ökonomie und Ökologie

"Wir werden in der Phase bis 2020 den Beweis erbringen müssen, dass Ökonomie und Ökologie miteinander versöhnt werden können", sagte Merkel. Das brachte vor allem die Grünen auf die Palme. "Darüber sind wir längst hinaus", sagte Grünen-Fraktionschef Renate Künast. "Das Ökologische ist inzwischen die zentrale ökonomische Frage."

Künast warf Merkel zudem vor, sich bei der Formulierung der Klimaschutzziele "peinlich" vor die Interessen der Vorstände der deutschen Automobilkonzerne gestellt zu haben. Sie spielte auf die Intervention der Bundesregierung bei der EU-Kommission an, den Kohlendioxid-Ausstoß von Autos bis 2012 auf 140 Gramm pro Kilometer zu begrenzen. Dieser Wert soll nun für die Gesamtflotte eines Landes gelten und nicht für das gesamte Angebot eines Herstellers. Künast meinte dazu: "Da muss man mehr Mut haben." Es sei nicht angebracht, sich den Lobby-Verbänden zu beugen.

Frankreich legt sich quer

Vor allem Frankreich lehnt eine Festlegung auf einen Ausbau der Erneuerbaren Energien ab. Merkel will sich dafür einsetzen, dass sich die EU verbindlich verpflichtet, 2020 ein Fünftel ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. In ihrer Regierungserklärung ging sie auf dieses Thema nicht ausdrücklich ein.

Ein "Fahrplan" für die Verfassung

Optimistisch zeigte sich Merkel, dass es bis zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine Verständigung über einen "Fahrplan" zur Rettung des europäischen Verfassungsvertrags geben werde. Für die Opposition ist das viel zu unkonkret.

"Wer einen Fahrplan vorlegen will, muss auch sagen, welcher Zug nach diesem Fahrplan fahren soll", verlangte FDP-Chef Guido Westerwelle. Merkel müsse deutlich machen, welches Ziel sie tatsächlich verfolge. Sie müsse klarmachen, ob sie an dem in Frankreich und den Niederlanden gescheiterten bereits ausgehandelten Verfassungsentwurf festhalten wolle oder einen neuen, kürzeren Text anstrebe.

Linkspartei-Fraktionschef Oskar Lafontaine nahm die Kritik von Westerwelle ausdrücklich auf, dass Merkel nichts zu den geplanten Raketenabwehrsystemen gesagt habe. Mit Blick auf die Zustimmung Polens und Tschechiens zu dem Projekt meinte Lafontaine, es gehe nicht an, dass einzelne EU-Mitgliedstaaten einen Alleingang starteten. Er erinnere daran, dass die EU eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Außenpolitik betreiben wolle.

Quelle: ntv.de

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