Politik

"Arbeiten nicht abgeschlossen" Merkel verspricht Aufklärung - später

Traditionell beantwortet Merkel im Sommer die Fragen der Hauptstadt-Journalisten in der Bundespressekonferenz.

Traditionell beantwortet Merkel im Sommer die Fragen der Hauptstadt-Journalisten in der Bundespressekonferenz.

(Foto: REUTERS)

Mit einem Acht-Punkte-Plan will Kanzlerin Merkel den Datenschutz verbessern. Dazu gehörten nicht nur Verhandlungen mit den USA, sondern auch die Aufklärung der Bürger, sagt sie. Die Aufarbeitung der NSA-Abhöraffäre sieht Merkel noch nicht abgeschlossen. Der Opposition reichen diese Antworten auf der traditionellen Sommerpressekonferenz nicht. Sie seien eine Beleidigung, heißt es.

Im Streit um das US-amerikanische Spähprogramm Prism hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel hinter ihren Innenminister Hans-Peter Friedrich gestellt. CSU-Politiker Friedrich und auch Kanzleramtsminister Ronald Pofalla von der CDU hätten ihr "vollstes Vertrauen", sagte Merkel in Berlin. Zugleich forderte sie von den Vereinigten Staaten nochmals Auskunft über das Prism-Programm. Derzeit könnten noch nicht alle Fragen beantwortet werden. "Die Arbeiten sind nicht abgeschlossen. Sie dauern an", sagte Merkel.

Merkel verwies darauf, dass US-Präsident Barack Obama eine Prüfung der deutschen Bitten zugesagt habe. "Ich kann doch nur zur Kenntnis nehmen, dass unsere amerikanischen Partner Zeit für die Prüfung brauchen", sagte Merkel. "Mir hilft auch keine Zusage, die sich hinterher nicht als wahrheitsgemäß erweist. Insofern warte ich lieber."

Zugleich kündigte sie einen Acht-Punkte-Katalog von Maßnahmen zur Verbesserung des Datenschutzes an. Erster Punkt seien Verhandlungen des Auswärtigen Amtes mit den USA über die Aufhebung einer Verwaltungsvereinbarung aus dem Jahr 1968, wonach Abhörmaßnahmen der USA in Deutschland nicht wie sonst üblich von der G-10-Parlamentskommission genehmigt werden müssen. Zudem sollten weitere Aufklärungsgespräche mit den USA geführt und gemeinsame Standards zur Tätigkeit von Auslandsnachrichtendiensten entwickelt werden. Deutschland wolle auch auf europäischer Ebene den Datenschutz vorantreiben.

Schließlich sollen laut Merkel die Bürger verstärkt zum Thema Datenschutz aufgeklärt werden. Die Menschen seien zweifelsohne verunsichert, räumte die Kanzlerin ein. Außerhalb deutscher Grenzen sei Datenschutz nicht einfach zu gewährleisten. Die Bürger müssten besser aufgeklärt werden, welchen Weg ihre Daten nähmen, und dass diese oftmals das Land verließen. Sie bräuchten daher mehr Hilfestellungen, wie sie etwa ihre Kommunikation verschlüsseln könnten und welche Risiken mit dem Internet verbunden seien.

"Beleidigung an alle Zuhörer"

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck zeigte sich noch während der Pressekonferenz Merkels enttäuscht. "Merkels Auftritt in der Bundespressekonferenz war nicht nur eine Beleidigung an alle Zuhörer, die Aufklärung erwartet haben, sondern auch eine intellektuelle Beleidigung aller Kanzleramtsmitarbeiter, so zu tun, als hätte man von nichts eine Ahnung", kritisierte Beck.

Zuvor hatte bereits SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier von Merkel eine umfassende Aufklärung der NSA-Affäre gefordert. "Was weiß die Regierung? Läuft das Programm noch? Was tut Merkel, um deutsche Interessen zu wahren? Darauf müssen jetzt Antworten her", sagte Steinmeier der "Bild"-Zeitung. Das Absaugen und Speichern vollständiger Datenströme sprenge alle Grenzen und müsse "gestoppt" werden. Es reiche nicht aus, sich in Washington nur lieb Kind machen zu wollen.

FDP-Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle forderte eine genaue Untersuchung, ob der US-Geheimdienst NSA illegal in Deutschland Daten ausspioniert hat. "Der parlamentarische Kontrollausschuss muss prüfen, ob deutsche Gesetze verletzt worden sind", sagte er der "Rhein-Zeitung". Merkel hat bereits die US-Regierung zur Zusicherung aufgefordert, auf deutschem Boden deutsches Recht einzuhalten. Bisher ist dazu keine Antwort von US-Präsident Barack Obama bekannt.

Ambitionierte IT-Strategie

Die Kanzlerin betonte, dass bei der Überwachung von Daten auch beim Kampf gegen den Terrorismus nicht alle technischen Möglichkeiten genutzt werden dürften. "Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Nicht alles, was technisch machbar ist, darf auch gemacht werden." Stets müsse der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. "Deutschland ist kein Überwachungsstaat", sagte Merkel. "Deutschland ist ein Land der Freiheit."

Erneut forderte sie die USA auf, bei Aktivitäten in Deutschland auch die deutschen Gesetze zu beachten. "Auf deutschem Boden hat man sich an deutsches Recht zu halten", sagte die CDU-Vorsitzende. "Bei uns in Deutschland und in Europa gilt nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts. Das erwarte ich von jedem."

Ein Asyl in Deutschland für den ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der die Affäre ins Rollen gebracht hatte, schloss Merkel erneut aus. Auf die Frage, ob sie ihm dankbar sei für die Offenlegung der amerikanischen Datenüberwachung, antwortete Merkel ausweichend. Durch die Veröffentlichung beschäftige sich die Regierung nun mit dem Thema. "Das ist das, was für mich zählt."

Merkel kündigte zudem an, die Regierung werde sich verstärkt um technische Fragen kümmern. Sie sei "seit geraumer Zeit" besorgt, dass in Deutschland und in der EU technologische Möglichkeiten fehlten. Europa müsse darüber nachdenken, sich in der Internettechnologie besser aufzustellen. "Ansonsten kommen wir in Abhängigkeiten", so Merkel. Das Bundeswirtschaftsministerium setze sich für eine ambitionierte IT-Strategie ein. Geplant sei auch ein Runder Tisch zur Sicherheitstechnik im IT-Bereich.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/rts

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