Afghanisches Ehegesetz Merkel warnt Karsai-Regierung
05.04.2009, 14:16 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel hat die afghanische Regierung nachdrücklich davor gewarnt, das neue Eherecht für Schiiten in Kraft zu setzen. "Dieses Gesetz widerspricht der Gleichberechtigung von Mann und Frau grundlegend und entspricht nicht unseren Wertvorstellungen", sagte sie der "Bild am Sonntag".
Die Zusicherung von Präsident Hamid Karsai, das Gesetz zur Überprüfung an das Parlament zurückzugeben, sei "dringend notwendig" gewesen. Karsai hat nach heftiger internationaler Kritik das neue Gesetz zunächst gestoppt, das Ehemännern weitreichende Verfügungsgewalt über ihre Frauen bis hin zur Vergewaltigung einräumen soll.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke, drohte in der Zeitung mit Konsequenzen: "Wir müssen unser Engagement in Afghanistan überdenken, wenn Karsai solche archaischen Gesetze verabschiedet." Erklärtes Ziel des Afghanistan-Einsatzes sei auch die Sicherung von Menschenrechten. "Deshalb ist es ein Skandal, wenn wir mit unserem Geld Entwicklungen in die falsche Richtung unterstützen", sagte Nooke.
"Politisches Spiel" westlicher Politiker
Die afghanische Frauenministerin Husen Bano Kazanfar hat derweil zugesichert, dass Frauen auch künftig die gleichen Rechte wie Männer haben werden. "In unserem Land kann kein Gesetz gegen die Freiheit der Frau verabschiedet werden", sagte sie in Kabul. Sollten Teile des Gesetzes gegen den in der Verfassung verankerten Gleichheitsgrundsatz verstoßen, würden diese "mit Sicherheit überprüft und geändert".
Der schiitische Geistliche und afghanische Parlamentsabgeordnete Mohammad Akbari sagte, bei der Kritik handele es sich um ein "politisches Spiel" westlicher Politiker. "Sie reden von Menschenrechten, und wir sagen, dass es das erste Recht der Menschen ist, Religion zu haben." Das Gesetz verstoße nicht gegen die Verfassung. Sie besagt in Artikel 22: "Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz die gleichen Rechte und Pflichten."
Neben der Bundesregierung und den USA kritisierten auch Großbritannien, Kanada, die Nato und die Vereinten Nationen das Vorhaben. Karsai argumentierte, die Bedenken seien möglicherweise auf eine schlechte Übersetzung des Gesetzestextes oder auf eine Fehlinterpretation zurückzuführen.
Quelle: ntv.de