Politik

Gabriel und Genossen steht das Schlimmste noch bevor Methode Merkel funktioniert für SPD nicht

Muss wegen der Edathy-Affäre in der SPD nun auch noch ein Kopf rollen?

Muss wegen der Edathy-Affäre in der SPD nun auch noch ein Kopf rollen?

(Foto: dpa)

Wieder einmal gibt es einen Skandal in einer Merkel-Regierung und wieder einmal bleibt nichts an der Kanzlerin haften. Doch für die Sozialdemokraten funktioniert die Methode Merkel nicht - der Fall Edathy könnte die SPD zerreißen.

Es wird nicht das Rentenpaket von Andrea Nahles sein, das vom Start der Großen Koalition in Erinnerung bleibt und auch nicht die Energiewendereform von Sigmar Gabriel. Was bleiben wird, ist "der Fall Edathy". Die Große Koalition, so ambitioniert sie gestartet war, musste mit dem Rücktritt von Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich ihren ersten Verlust hinnehmen. Mit Gabriel - Wirtschaftsminister, SPD-Chef und Vizekanzler, sowie SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann könnten zwei weitere ranghohe Vertreter des Juniorpartners in der Großen Koalition zumindest schwer beschädigt werden. Während die Union das Schlimmste schon überstanden hat, besteht es der SPD erst noch bevor.

Die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela M erkel hat schon oft gezeigt, dass sie Skandale und Misserfolge ihrer Minister unbeschadet überstehen kann. Ob bei Norbert Röttgen, Karl-Theodor zu Guttenberg oder Annette Schavan: Merkel schreckte nie davor zurück, enge Vertraute oder beliebte Kollegen zu feuern, um sich selbst und ihre Partei zu schonen. Auch im Fall von Landwirtschaftsminister Friedrich wartete sie nur kurz und sägte ihn dann ab - obwohl noch längst nicht klar ist, wie weitreichend sein Fehler eigentlich war. Friedrich hatte ein Amtsgeheimnis an den SPD-Chef Sigmar Gabriel ausgeplaudert - den Kinderporno-Verdacht gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy.

Die Union hat ihr Opfer schon gebracht

Die Union ist mit dem Rausschmiss von Friedrich erst einmal aus dem Fokus: Wie schwer die Vorwürfe gegen ihn auch noch werden mögen - mehr als den Rücktritt kann niemand fordern. Im Gegenteil: Derzeit kann sich Friedrichs CSU über Solidaritätsbekundungen der Koalitionspartner freuen. Auch SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel betont, wie leid ihm Friedrich tut.

Das Verhältnis von Gabriel und Friedrich galt als ein gutes. Dass Friedrich Gabriel mit einer brisanten Information versorgte, stärkt diesen Eindruck noch. Aber die politische Freundschaft ist nicht der eigentliche Grund, warum Gabriel die Affäre herunterspielt. Er weiß: Als nächstes steht sein Parteifreund Oppermann in der Kritik - und auch er selbst.

Nachdem Friedrich Gabriel informiert hatte, gab dieser die Nachricht an Oppermann weiter. Oppermanns Fehler war dann vor allem dieser: Er behielt die Information nicht für sich, sondern rief den Chef des Bundeskriminalamtes (BKA) an, um sich die Sache bestätigen zu lassen. Der kam damit in eine missliche Lage: Immerhin war Oppermann gerade dabei, zum Innenminister aufzusteigen - und damit auch zum Oberaufseher des Bundeskriminalamtes. Wie soll ein BKA-Chef auf die Anfrage eines Politikers reagieren, der bald der Vorgesetzte sein könnte, aber noch nicht ist?

Es gibt einen noch schlimmeren Verdacht: Als die Staatsanwaltschaft Edathys Wohnung durchsuchte, fand sie zerstörte Festplatten, Edathy hatte sich auf den Besuch also eingestellt. Wenn Oppermann so nachlässig mit seiner Verantwortung umging - hat er dann vielleicht auch Edathy vor den Ermittlungen gewarnt?

Die Methode der SPD heißt: Herunterspielen

Wäre Oppermann CDU-Mitglied - man könnte fest damit rechnen, dass Merkel auch ihn zum Rücktritt drängt. Das ist ihre Methode. Doch Oppermann ist bei der SPD und damit wäre es an Sigmar Gabriel, die Sache zu bereinigen.

Der fährt aber eine andere Strategie: Erstens schließt er aus, dass Oppermann Edathy gewarnt hat. Zweitens spielt er die Bedeutung des ganzen Falls herunter: Immerhin sei es Friedrich darum gegangen, "Schaden abzuwenden". Gemeint ist, dass es für die Koalition und für die SPD noch schlimmer gekommen wäre, hätte Edathy einen Posten in der Regierung bekommen. Den bekam er wohl nur deshalb nicht, weil Gabriel von dem Verdacht gegen ihn wusste. Gabriels Argumentation ist moralisch höchst fragwürdig: Als ob das Verraten von Dienstgeheimnissen okay wäre, solange damit die SPD geschützt wird! Und: Ist es wirklich okay, jemanden nicht zu befördern, weil ein vager Verdacht gegen ihn vorliegt? Ob Edathy etwas verbotenes getan hat, ist ja noch nicht einmal jetzt klar.

Dass sich Gabriel so vor Oppermann stellt, liegt nicht nur daran, dass die beiden Parteifreunde sind. Gabriel weiß auch: Sollte Oppermann zurücktreten, konzentrieren sich danach alle auf Gabriel. Immerhin war er es, der das Geheimnis von Friedrich erfuhr und an Oppermann weiterleitete. In dieser Lage kommt er auch mit der Methode Merkel nicht weiter.

Sigmar Gabriel hatte es gerade geschafft, der SPD eine neue Perspektive zu geben: Mit einer loyalen Regierungsmannschaft, mit einer Öffnung zur Linkspartei und mit sich selbst als nächstem Kanzlerkandidaten. Sollte er über den Fall Edathy stolpern, fällt mit ihm die gesamte Partei in eine schwere Krise.

Quelle: ntv.de

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