Stabwechsel in Dresden Milbradt reicht Rücktritt ein
27.05.2008, 18:30 UhrNach sechs Jahren als Regierungschef hat Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) seinen Rücktritt eingereicht. Am Mittwoch soll wie geplant Stanislaw Tillich (CDU) seine Nachfolge antreten. Um die Wahl des 49-Jährigen ist allerdings ein Streit entbrannt. Linke, FDP und Grüne kritisieren, dass es auf dem Stimmzettel keine Chance gebe, mit "Nein" zu votieren. Vielmehr können die Landtagsabgeordneten nur zwischen Tillich und dem rechtsextremen NPD-Abgeordneten Johannes Müller entscheiden oder sich der Stimme enthalten.
Bei seiner letzten Kabinettssitzung übergab Milbradt den Ministern ihre Entlassungsurkunden. Die Ressortchefs bleiben aber bis zur Bildung eines neuen Kabinetts geschäftsführend im Amt. Vor dem 18. Juni werde voraussichtlich kein neues Kabinett gebildet, sagte Regierungssprecher Peter Zimmermann. In Sachsen regiert eine CDU/SPD- Koalition.
Der 63-jährige Milbradt hatte Mitte April nach der Krise um die Landesbank seinen Rückzug von allen Ämtern angekündigt. Bereits am Samstag gab er den CDU-Parteivorsitz an Tillich ab, der auf einem Parteitag knapp 98 Prozent der Stimmen erhielt. Am Dienstag wurde zudem Kultusminister Steffen Flath mit 82,3 Prozent der Stimmen zum neuen Fraktionschef der CDU gewählt, der zunächst als Minister geschäftsführend im Amt bleibt.
Vorausgegangen war eine monatelange Kritik an Milbradts Amtsführung. Milbradt war unter anderem wegen des Notverkaufs der einzigen ostdeutschen Landesbank, der Sachsen LB, in die Kritik geraten. Das Geldinstitut hatte sich mit Milliardenbeträgen auf dem US-Hypothekenmarkt verspekuliert und stand vor der Pleite. Milbradt konnte zwar kein Verschulden an den ruinösen Geschäften nachgewiesen werden, für die der Freistaat nun mit 2,75 Milliarden Euro bürgt. Als ehemaliger Finanzminister hatte er die Strategie der Bank allerdings jahrelang mitbestimmt.
Milbradt hatte seit 1990 in führenden Funktionen in Sachsen gearbeitet. Bis Anfang 2001 war er Finanzminister im Kabinett des damaligen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU). Dann wurde er im Streit um dessen Nachfolge aus dem Kabinett entlassen. Schon im Herbst 2001 gelang ihm mit der Wahl zum Parteichef ein Comeback, im April 2002 wurde er Regierungschef.
Ärger mit der NPD
Zum Verfahrensstreit über den Wahlzettel sagte Linke-Fraktionschef Andr Hahn: "Wir können uns natürlich nicht bei einem NPD-Kandidaten der Stimme enthalten." Ungültige Stimmen seien eine Alternative. Die FDP argumentierte ähnlich und ließ durchblicken, nicht für Tillich zu stimmen. Auch bei den Grünen läuft laut Fraktionschefin Antje Hermenau alles auf ungültige Stimmen oder Enthaltungen hinaus. Die NPD hofft dagegen, dass ihr Kandidat wie 2004 mehr Stimmen erhält, als die Fraktion im Landtag Sitze innehat.
Quelle: ntv.de