Brandbrief an Struck Militärs gegen Sparkurs
06.10.2002, 11:52 UhrIn einem vertraulichen Brief an Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat die Bundeswehrführung die rot-grüne Regierungskoalition vor weiteren finanziellen Einschnitten bei den Streitkräften gewarnt. Das geht nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" aus einem vertraulichen Papier vom 26. September hervor, das das gemeinsam von Heer, Luftwaffe, Marine sowie dem Führungsstab von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan verfasst wurde.
In der dreizehn Punkte umfassenden "Verschlusssache" lehne die militärische Führung eine Kürzung des derzeitigen Wehretats von 24,6 Mrd. Euro, eine Reduzierung des Armee auf weniger als 285.000 Soldaten und Eingriffe in die gerade erst aufgestellte neue Struktur ab. Die Verteidigungspolitik ist am Montag Thema der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen.
Das Papier wurde laut "FAS" kurz vor der Wahl von Verteidigungsstaatssekretär Klaus-Günther Biederbick in Auftrag gegeben. Die Generäle warnten darin vor einer "Reform der Reform", deren unausweichliche Folge ein "gravierender Verlust von Glaubwürdigkeit in die politische und militärische Führung" wäre. Maßnahmen mit "Charakter und Umfang einer neuen Reform" würden sich auf die Berufs- und Zeitsoldaten und deren Familien sowie die Nachwuchsgewinnung "verheerend auswirken".
In dem Papier fordere die Bundeswehrführung eine Steigerung der investiven Ausgaben des Wehretats für eine Modernisierung der Streitkräfte von derzeit rund 23 auf 30 Prozent. Zudem verlange sie ein "Entsendegesetz" für Bundeswehreinsätze bei der Terrorismus-Bekämpfung und bei klassischen militärischen Auslandeinsätzen.
Auch solle der deutsche Luftraum besser gegen Terrorangriffe geschützt werden. Ferner werde angestrebt, durch eine Änderung des Bonn-Berlin-Gesetzes weitere Abteilungen der Bonner Hardthöhe nach Berlin zu verlegen, um im Krisenfall ohne bürokratische Hemmnisse und Zeitverzug entscheiden zu können.
Quelle: ntv.de