Svenja Schulze im ntv Frühstart Milliardärssteuer "würde der Welt sehr weiterhelfen"
29.04.2024, 10:11 Uhr Artikel anhören
Bundesfinanzminister Lindner will nicht, doch Bundesentwicklungsministerin Schulze hält an der Forderung nach einer globalen Besteuerung von Superreichen fest. Milliardäre könnten so mehr beim Klimaschutz helfen. Zudem erklärt Schulze, warum Deutschland das Palästinenserhilfswerk UNRWA wieder unterstützt.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze von der SPD sieht in der Milliardärssteuer eine Frage der Gerechtigkeit. "In der EU hat jeder ungefähr 35 Prozent Steuern, die wir zahlen. Milliardäre zahlen unter 1 Prozent Steuern. Und das zu verändern, indem man ein weltweites Abkommen macht, alle zusammen erheben eine Steuer auf die Milliardäre, das würde der Welt sehr weiterhelfen und das wäre auch nur fair", sagte Schulze in der Sendung ntv Frühstart.
Auf die ablehnende Haltung von FDP-Finanzminister Christian Lindner wollte Schulze auf Nachfrage nicht eingehen. Es gehe um eine internationale Vereinbarung. "Es geht darum, ob wir die jetzt international mitgestalten. Wir haben ja in Deutschland ein Steuersystem, was auch reiche Menschen besteuert. Das ist aber nicht weltweit der Fall", sagte Schulze. Viele ärmere Länder würden sich nicht trauen, eine solche Steuer einzuführen, weil sie fürchteten, sonst Steuereinnahmen zu verlieren. Deswegen sei eine internationale Initiative die richtige Herangehensweise, ähnlich wie bei der globalen Mindeststeuer für Unternehmen.
Die Milliardäre verbrauchten zudem viel mehr CO2. "Dann müssen sie auch helfen, dass wir im Klimaschutz vorankommen. Und das geht am besten, indem sie eben einen fairen Anteil leisten, auch bei der Steuer", sagte Schulze.
Uneins bei Rentenreform
Die globale Reichensteuer reiht sich damit ein in die lange Liste an Themen, bei denen sich Sozialdemokraten und Liberale nicht einig sind. Nichtsdestotrotz sieht die SPD-Entwicklungsministerin nach dem FDP-Parteitag gemeinsame Ziele der Koalition gestärkt. "Wo wir uns sicherlich einig sind, ist, dass wir die Wirtschaft ankurbeln wollen", sagte Schulze. Als Exportland sei Deutschland dabei auf Partnerschaften in der Welt angewiesen. Das sei Teil ihrer Arbeit als Entwicklungsministerin. Deswegen könne man sich in den geopolitischen Fragen sicher einig werden. Allerdings liegt Schulze auch hier mit Lindner im Clinch: Die von ihm geforderten weiteren Budgetkürzungen auch beim Entwicklungshaushalt lehnt Schulze ab.
Beim Streit um die Rente dagegen verweist Schulze die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. Die Beschlüsse des FDP-Parteitags könnten deshalb nicht eins zu eins umgesetzt werden. "Ich glaube, es muss noch mal viel stärker darüber gesprochen werden, was heute alles schon möglich ist. Man kann länger als bis 63 arbeiten", sagte Schulze weiter. Die FDP hat auf ihrem Parteitag weitere Rentenreformen gefordert und will auch über das Renteneintrittsalter diskutieren. Hier sieht Schulze keinen Handlungsbedarf: "Ich finde, dass viel zu oft vergessen wird, wie viele Menschen sehr stark körperlich arbeiten und für die das überhaupt nicht infrage kommt, viel länger zu arbeiten als das gesetzliche Rentenalter."
Auf die Frage, ob sie sich angesichts der Differenzen in der Ampel wieder eine Große Koalition wünschen würde, erinnerte Schulze an die Differenzen mit der Union. "In der Großen Koalition ist vieles liegengeblieben, weil wir uns eben nicht einigen konnten. Jetzt gibt es Auseinandersetzungen, ja, aber die Themen werden auch angepackt und vorangebracht und das ist wichtig für unser Land", so Schulze.
UNRWA soll wieder Geld bekommen
Vor dem Treffen der Außenminister mit der UN-Hilfskoordinatorin für Gaza in Riad hat die Bundesentwicklungsministerin zudem Reformen beim Palästinenserhilfswerk UNRWA gefordert. Diesem war wiederholt eine zu große Nähe zur Hamas und anderen israelfeindlichen Kräften vorgeworfen worden. Auch Deutschland hatte Hilfszahlungen zeitweise ausgesetzt. Nach einer unabhängigen Überprüfung hat die Bundesregierung die Zahlungen aber wieder aufgenommen "Es muss vor allen Dingen sichergestellt werden, dass es keine Verbindungen zu den Terroristen in der Region gibt", sagte Schulze.
Deutschland habe die unabhängige Untersuchung des Hilfswerks sehr unterstützt und diese sei zu dem Ergebnis gekommen, dass das Hilfswerk gut arbeite. Deutschland werde weiter mit UNRWA zusammenarbeiten. "Weil UNRWA ja auch selber angekündigt hat, sie werden diese Reformen machen. Sie wissen, was sich in dem Flüchtlingswerk oder in dem UN-Werk verändern muss. Aber ohne UNRWA können wir die Hilfe im Moment vor Ort da nicht leisten", so Schulze.
Quelle: ntv.de, cpf