Politik

Gnadenfrist für Massentierhaltung Minister will artgerechtere Ställe

Schwein gehabt: Ihre Haltung soll sich verbessern - wenn auch zögerlich.

Schwein gehabt: Ihre Haltung soll sich verbessern - wenn auch zögerlich.

(Foto: picture alliance / dpa)

Den Tieren in der Landwirtschaft soll es besser gehen und niemand soll übermäßig dafür bezahlen. Dieses Ziel nimmt Landwirtschaftsminister Schmidt in Angriff. Den großen Schritt geht er dabei aber nicht.

"Das ist das Schmidt-Prinzip: Macht ihr mal, ich schau es mir dann an", sagt der Agrarminister mit einem deutlichen Augenzwinkern. Allerdings beschreibt dieses Zitat sein aktuelles Vorgehen ziemlich gut. Eine Expertenkommission soll unter anderem dafür sorgen, dass bis zum Ende der Legislaturperiode in deutschen Ställen Schweine nicht mehr in der eigenen Jauche stehen und Hennen keine Schnäbel abgeschnitten werden. Der CSU-Politiker gibt die Richtung vor: "Am Ende meiner Amtszeit soll es den Tieren besser gehen als zu Beginn."

Christian Schmidt, Minister für Ernährung und Landwirtschaft, will damit einen Punkt aus dem Koalitionsvertrag für mehr Tierwohl, vor allem in der Nutztierhaltung, umsetzen. Dabei geht er kleine Schritte. Der Minister betont, "keine Schnellschüsse" machen zu wollen. Stattdessen spricht er von einer Politik der "verbindlichen Freiwilligkeit." Es soll Vorschläge geben, die die Betroffenen freiwillig umsetzen können. Sollten sie es nicht tun, werden entsprechende Gesetze erlassen. Sein Ziel sei es, Landwirte genauso wie Tierschützer, Verbraucher und den Handel, an den anstehenden Veränderungen zu beteiligen. Am Ende soll eine Landwirtschaft stehen, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch ist und in Europa als Vorbild dient - und mit der alle zufrieden sind.

Halbe Kraft voraus

Eine Kommission mit Experten um den früheren niedersächsischen Landwirtschaftsminister Gert Lindemann und den Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, soll dazu Vorschläge machen. Arbeitsgrundlage ist ein Zehn-Punkte-Plan, dessen Forderungen die Kommission ausarbeiten soll. Zum Beispiel sollen Rindern nicht mehr die Hörner abgenommen werden, um das Verletzungsrisiko zu senken.

Schmidt will keine harten Einschnitte machen, er hält es "nicht für sinnvoll, das Kupieren von Schweineschwänzen zu verbieten, wenn die Tiere gleichzeitig eng beieinander leben". In zu kleinen Ställen werden die zusammengepferchten Schweine oft aggressiv, die Tiere beißen sich gegenseitig die Schwänze ab. Daher werden Ferkeln die Schwänze oft kurz nach der Geburt entfernt - ohne Betäubung.

Tierschützer: Lieber morgen als in zwei Jahren

Auch bei den vorsichtigen Veränderungen setzt der Minister auf die freiwillige Mitarbeit der Landwirte als "mündige und aufgeklärte Bürger." Nach Schmidts Ansicht "kann modernes Regieren nicht nur Gesetze machen sein". Selbstverpflichtungen wirkten "schneller und effizienter als ein Gesetz". Er selbst beschreibt sein Vorgehen als "nicht radikal, aber zielgerichtet". Auch Geld will Christian Schmidt zur Beruhigung der Gemüter in die Hand nehmen: Mehrere subventionierte Demonstrationsanlagen sollen zeigen, dass tiergerechte Landwirtschaft Gewinn abwerfen kann - zumindest mit Unterstützung vom Staat.

Das vorsichtige Vorgehen des CSU-Politikers stößt bei Tierschützern auf genauso vorsichtige Zustimmung. Thomas Schröder wird als Präsident des Deutschen Tierschutzbundes im Expertenrat sitzen. Damit nimmt er vorerst mehr Verantwortung auf sich als der Minister. Er sagt: "Es ist gut, dass sich die Diskussion um die bessere Behandlung von Nutztieren um das 'Wie' dreht, nicht um das 'Ob'. Trotzdem wäre uns eine Veränderung morgen lieber als in zwei Jahren." Denn erst dann wird die Kommission ihre Ergebnisse vorlegen, und bis dahin werden weiterhin Ferkeln die Schwänze abgeschnitten.

Quelle: ntv.de

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