Politik

Überwachung von Straftätern Ministerien verhandeln Konzept

Bundesinnenminister de Maizière will im September einen Gesetzentwurf zum Folgekonzept der Sicherheitsverwahrung vorlegen. Es soll "Sicherheitsunterbringung" heißen. Noch ist nicht klar, ob das Konzept der Union überhaupt geltendem Recht entspricht. Und nach Vorstellung der FDP sollten die Ex-Straftäter eine Fußfessel tragen.

Lothar de Maizière, in der Kritik.

Lothar de Maizière, in der Kritik.

(Foto: picture alliance / dpa)

In den festgefahrenen Streit zwischen Union und FDP um die Überwachung von freikommenden Schwerverbrechern scheint Bewegung zu kommen. Angesichts des zunehmenden Drucks auf die Politik will das Bundesinnenministerium nun rasch Eckpunkte für sein neues Konzept einer Sicherungsunterbringung von Schwerverbrechern vorlegen. Dies kündigte ein Ministeriumssprecher an.

Ressortchef Thomas de Maizière (CDU) geht davon aus, dass eine Entscheidung über den Gesetzentwurf von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) im September möglich sei. Der Entwurf ist zur Zeit in der Ressortabstimmung.

Ein Sprecher des Justizministeriums monierte, dass noch kein Konzept vorliege. Er sicherte eine Prüfung zu. Zugleich betonte er, ein solcher Vorschlag müsse auf jeden Fall verfassungs- und europarechtlich tragfähig sein. Im Innenministerium hieß es, man habe in einer Stellungnahme zu dem Reformentwurf die Vorstellungen für eine Sicherungsunterbringung vorgelegt. Man sei bereit, nun auch Eckpunkte zu erarbeiten.

"Aufwand reduzieren"

Leutheusser-Schnarrenberger räumte in der "Zeit" ein, dass die von ihr favorisierte elektronische Fußfessel zur Überwachung von Schwerverbrechern kein Allheilmittel sei. "Es ist lediglich eine Möglichkeit, um den Aufwand der Polizei bei der Überwachung Entlassener zu reduzieren."

Die FDP will die Fußfessel.

Die FDP will die Fußfessel.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte im Dezember 2009 im wesentlichen zwei Punkte kritisiert. Zum einen sei die Sicherungsverwahrung, für deren Umsetzung die Länder zuständig sind, in der bisherigen Form wie eine zusätzliche Strafe anzusehen. Zum anderen wurde 1998 die bis dahin geltende Höchstdauer der Sicherungsverwahrung von zehn Jahren aufgehoben. Die nachträgliche Verwahrung der auf dieser Rechtsgrundlage verurteilten Straftäter dürfe nicht automatisch verlängert werden, argumentierte das Gericht.

Nach diesem Urteil müssen bis zu 80 von rund 500 hochgefährlichen Straftätern - darunter drei Frauen - aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden. Dadurch kommen auf die Länder zusätzliche Kosten zu. Leutheusser-Schnarrenberger setzt bisher auf die Überwachung dieser Personen durch Polizei und elektronische Fessel. Union und Polizeivertretern ist dies zu wenig. Sie wollen die Täter weggesperrt wissen.

Unterbringung statt Verwahrung

De Maizière argumentiert, mit seiner Sicherungsunterbringung, die kein Gefängnis, aber auch keine Luxuswohnung sein dürfe, komme er dem Sicherheitsbedürfnis der Menschen entgegen und den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes. Die Sicherungsunterbringung könne damit sowohl auf die 80 Altfälle angewandt werden, als auch auf zukünftige Fälle nach Inkrafttreten der Reform der Sicherungsverwahrung. Entscheidend für einen Kompromiss dürfte sein, in wie weit sich die Sicherungsunterbringung von der bisherigen Form der Sicherungsverwahrung unterscheidet und damit nicht mehr als zusätzliche Strafe verstanden werden kann.

Leutheusser-Schnarrenberger: Keine automatische Freilassung

Leutheusser-Schnarrenberger: Keine automatische Freilassung

(Foto: picture alliance / dpa)

Leutheusser-Schnarrenberger sagte weiter: "Natürlich verstehe ich die Sorgen der Bevölkerung." Dem Bundesgesetzgeber seien aber durch das Urteil die Hände gebunden: "Wir können nicht für alle Betroffenen im Nachhinein eine zwangsweise Sicherungsunterbringung per Gesetz anordnen." Allerdings werde es in der Praxis auch keine "automatische Freilassung" aller betroffenen Sicherungsverwahrten geben.

Rechtsgrundlage fehlt

Die Bundesjustizministerin mahnte, Bund und Länder sollten sich nicht gegenseitig die Schuld zu schieben, kritisierte aber zugleich, die Länder hätten die Vorbereitungen auf die anstehenden Entlassungen nicht genügend koordiniert. "Spätestens seit Mai war doch absehbar, was da auf uns zukommt", sagte sie. Das sei ein Grund dafür, "dass wir jetzt in der Praxis Probleme haben - die Polizei wird teils sehr kurzfristig mit den Fällen konfrontiert, es fehlt auch eine Regelung, die sicherstellt, dass ein Freigelassener zunächst einmal an einem Ort bleibt".

Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) sagte im Südwestrundfunk, im Prinzip sei die Idee der Union, gefährliche Straftäter in Heimen unterzubringen, gut, sie helfe aber nicht weiter. Bereits entlassene Täter dürften überhaupt nicht mehr festgehalten werden, auch nicht in Heimen; dafür fehle die Rechtsgrundlage, argumentierte Goll.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen