Politik

Falsche Angaben zu Drohnen-Abstürzen? Ministerium weist Vorwürfe zurück

Im Februar 2012 gab das Verteidigungsministerium bekannt, dass 17 Drohnen abgestürzt seien. Tatsächlich soll es zu diesem Zeitpunkt laut einem Medienbericht bereits 116 Unfälle gegeben haben. Oppositionspolitiker werfen dem Ministerium vor, das Parlament belogen zu haben. Dieses weist die Vorwürfe scharf zurück. Doch Minister de Maizière steht noch wegen eines weiteren Deals in der Kritik.

Verteidigungsminister de Maizière gerät zunehmend in Bedrängnis.

Verteidigungsminister de Maizière gerät zunehmend in Bedrängnis.

(Foto: dpa)

Das Verteidigungsminister soll den Bundestag über Jahre falsch über das Ausmaß von Drohnen-Unfällen bei der Bundeswehr informiert haben. Das meldet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" unter Berufung auf eine noch unveröffentlichte Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion.

Insgesamt habe die Bundeswehr von 871 betriebenen Drohnen 124 durch Flugunfälle verloren, zitiert die Zeitung den Bericht. Auf Fragen der Linksfraktion habe das Ministerium im März 2011 den Absturz von lediglich 12 Drohnen gemeldet, im Februar 2012 seien 17 Abstürze aufgelistet worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Bundeswehr jedoch schon 116 Unfälle verzeichnet.

Das Verteidigungsministerium wies die Vorwürfe scharf zurück. Diese seien "konstruiert und falsch", teilte ein Sprecher in Berlin mit. Die in einer Antwort des Ministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion genannten Zahlen seien "verkürzt dargestellt" worden, kritisierte der Sprecher. Das Ministerium hob hervor, dass in den Flugunfällen auch sogenannte "systemkonforme Landungen" enthalten seien. Diese würden aus Sicherheitsgründen ausgelöst, sobald eine Störung wie ein Bedien- oder Funkübertragungsfehler auftrete. In solchen Fällen werde ein Fallschirm ausgelöst und das Fluggerät komme "kontrolliert zur Landung". Das Ministerium betonte zudem, dass die überwiegende Anzahl der Fälle sich auf "kleine Systeme" - wie die Aufklärungsdrohne Luna - beziehe.

Oppositionspolitiker warfen Minister Thomas de Maizière vor, das Parlament getäuscht zu haben. "Ich muss davon ausgehen, dass das Parlament wissentlich belogen wurde", sagte der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko der "FAS". De Maizière habe Parlament und Öffentlichkeit "wieder hinter die Fichte geführt", kritisierte der Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour. Rainer Arnold von der SPD äußerte "den Verdacht, dass der Minister alle Informationen unterdrückt hat, die seiner Absicht zuwiderliefen, zügig Kampfdrohnen zu beschaffen."

CDU-Politiker de Maizière hatte das Drohnen-Projekt im Mai gestoppt, als bereits mehr als 500 Millionen Euro Kosten entstanden waren. Der Minister hat Fehler bei der Umsetzung eingeräumt, beharrt aber darauf, dass er selbst erst Mitte Mai von unlösbaren Problemen um den Euro Hawk erfahren habe. Kritiker bezweifeln dies. Zuletzt hatte de Maizière eingeräumt, in Gesprächen im Ministerium früher von den Problemen erfahren zu haben. Wegen des Drohnen-Debakels will sich der Verteidigungsausschuss am Mittwoch als Untersuchungsausschuss konstituieren.

"Von der Industrie über den Tisch ziehen lassen"

Zudem kritisiert die SPD de Maizière nun auch wegen eines weiteren Rüstungsprojekts. SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels wirft dem Minister vor, er habe bei der Verkleinerung eines Großauftrags für neue Bundeswehr-Hubschrauber einen "lausigen Deal" für den Steuerzahler verhandelt. "Trotz einer massiven Reduzierung der Stückzahlen für neue Hubschrauber ist die Ersparnis minimal", sagte Bartels dem "Spiegel". "Der Minister hat sich von der Industrie offenkundig über den Tisch ziehen lassen."

Im Zuge der Neuausrichtung der Streitkräfte hatten sich Verteidigungsministerium und Rüstungsindustrie darauf geeinigt, eine ursprüngliche Bestellung von NH-90-Transporthubschraubern und Tiger- Kampfhubschraubern von 202 Exemplaren auf 139 zu reduzieren. Das Ministerium hatte Mitte März mitgeteilt, durch die Kürzung um gut 30 Prozent würden im Verteidigungshaushalt erhebliche Mittel frei - eine Höhe wurde nicht genannt. Aus einer Vorlage für den Haushaltsausschuss des Bundestages geht nun laut "Spiegel" hervor, dass der Preis des Gesamtpakets lediglich um rund zwei Prozent von 10,3 Milliarden Euro auf 10,1 Milliarden sinkt. Insgesamt würden 224 Millionen Euro gespart.

Rechnungshof moniert Schwächen

Der Bundesrechnungshof warf derweil dem Verteidigungsministerium laut einem Zeitungsbericht "Schwächen in der Projektdurchführung" vor. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, bemängelte die Behörde in einem vertraulichen Bericht die zahlreichen Änderungsverträge, in denen Mehrkosten gestückelt aufgeführt wurden. Die Opposition hatte dem Ministerium vorgeworfen, durch diese Methode eine Vorlage an das Parlament verhindern zu wollen.

Der Rechnungshof beschäftigt sich laut "SZ" mit Änderungsverträgen zu dem Ende Januar 2007 unterzeichneten Entwicklungsvertrag für die Aufklärungsdrohne. Die Opposition hatte moniert, dass allein 2012 innerhalb von fünf Monaten drei neue Änderungsverträge abgeschlossen wurden, die das Vertragsvolumen um insgesamt 38,3 Millionen Euro erhöhten. Bei einer einzelnen Änderung wäre die Grenze von 25 Millionen Euro überschritten worden, ab der ein solcher Vertrag dem Parlament vorgelegt werden muss. Das Ministerium wies laut "SZ" in seiner Stellungnahme für den Rechnungshof den Vorwurf zurück.

Einen Hinweis darauf, dass die Leitung des Euro-Hawk-Projekts im Ministerium gezielt eine Unterrichtung des Parlaments umgehen wollte, fand der Bundesrechnungshof der "SZ" zufolge nicht. Die Einzelbeschlüsse hätten "bei einer sachgerechten Begleitung und Überwachung der laufenden Verträge" zusammengefasst werden können, merkte die Behörde aber an. Dies hätte zu Kosten von mehr als 25 Millionen Euro geführt und damit eine Vorlage erfordert. Als Grund für die Schwächen der Projektumsetzung nennt der Rechnungshof die "unzureichende Personalausstattung des Projektteams".

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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