Basteln am EU-Motor Mittelmeerunion kommt
03.03.2008, 22:37 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy haben ihren Streit über die künftige Mittelmeerpolitik der Europäischen Union beigelegt.
Bei einem Treffen am Montagabend in Hannover vereinbarten sie, dass eine Mittelmeerunion gebildet werden soll. Sie soll nicht nur ein Projekt Frankreichs, sondern aller 27 EU-Mitglieder sein und den bestehenden sogenannten Barcelona-Prozess fortsetzen. Merkel und Sarkozy wollen ihren Vorschlag beim EU-Gipfel Ende kommender Woche vorlegen.
Beide Politiker kamen ferner überein, dass Deutschland und Frankreich gemeinsam gegen Steuer-Oasen vorgehen wollen und auch dazu einen Vorschlag erarbeiten. Zur künftigen Auto- und Klimapolitik der EU vereinbarten Merkel und Sarkozy die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die ebenfalls Vorschläge vorlegen wird.
Zuvor hatten beide die Computermesse CeBIT eröffnet. Merkel hob bei der Messeeröffnung die Bedeutung der deutsch-französischen Zusammenarbeit hervor. Wenn sich Deutschland und Frankreich nicht einig seien, werde es innerhalb der EU schwierig, zu einer Einigung zu kommen. Das Gespräch galt als Ersatz für den abgesagten informellen deutsch-französischen Gipfel, der an diesem Tag im bayerischen Straubing stattfinden sollte.
"Wir warten auf Sie"
Sarkozy warb für eine verstärkte deutsch-französische Forschungs- und Industriepolitik. "Europa kann sich keine Kluft zwischen Deutschland und Frankreich leisten", sagte er und beklagte, dass sein industriepolitischer Kurs in Frankreich missverstanden worden sei. Die staatliche Rettungsaktion für den Alstom-Konzern sei beispielsweise als Protektionismus fehlinterpretiert worden. In Wahrheit sei es nur darum gegangen, ein Unternehmen mit einer staatlichen Finanzspritze vor der Pleite zu retten.
Sarkozy wies darauf hin, dass rund 2700 deutsche Unternehmen mit 300.000 Beschäftigten in Frankreich präsent seien. Deutsches Kapital sei in Frankreich willkommen, genauso wie mehr Deutsche in Frankreich leben sollten und umgekehrt. "Wir warten auf Sie."
Streitpunkt Mittelmeerunion
Die Mittelmeerunion war ein Hauptstreitpunkt zwischen Paris und Berlin. Sarkozy hatte sein Projekt ursprünglich als reine Union der Mittelmeerländer angelegt. Merkel lehnte neue EU-Strukturen für eine Vertiefung der Kooperation im Mittelmeerraum zunächst ab. Sie befürchtete eine Spaltung der Union in verschiedene regionale Bündnisse.
Die Mittelmeerunion soll am 13. und 14. Juli mit einem Gipfeltreffen in Paris gegründet werden. Frankreich übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft. Die bisherige Nachbarschaftspolitik der EU im Mittelmeerraum findet im Rahmen des sogenannten Barcelona-Prozesses statt, in dem die 27 EU-Länder mit 12 Staaten im Mittelmeerraum zusammenarbeiten. Das Bündnis gilt als nicht sehr wirkungsvoll und soll nach den Vorstellungen Merkels ausgebaut werden.
Stress seit Mai 2007
Die Irritationen zwischen Paris und Berlin halten seit der Amtsübernahme Sarkozys Mitte Mai 2007 an. Aus anfänglichen Missstimmungen - etwa beim Anspruch Sarkozys auf Rettung des Lissabon-Grundlagenvertrags oder der Freilassung bulgarischer Krankenschwestern aus libyscher Haft - sind inzwischen handfeste Meinungsverschiedenheiten geworden. In anderen EU-Staaten gibt es bereits die Befürchtung, dass der frühere "deutsch-französische EU-Motor" dauerhaft aus dem Takt geraten könnte.
Quelle: ntv.de