Politik

"Monströse Worte" Mladic: Vorwürfe abscheulich

Mladic im Gerichtssaal.

Mladic im Gerichtssaal.

(Foto: dpa)

Erstmals trifft der von Serbien verhaftete und ausgelieferte mutmaßliche Kriegsverbrecher Mladic vor dem UN-Tribunal auf seine Richter. Er lüftet das Geheimnis um sein Geburtsdatum - und behauptet, er sei "ein schwer kranker Mann". Schuldig oder nicht schuldig bekennen, will er sich zunächst nicht.

Der frühere bosnisch-serbische Armeechef Ratko Mladic hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vor dem UN-Tribunal in Den Haag als "abscheulich" bezeichnet. Der 69-Jährige lehnte es bei seiner ersten Anhörung vor dem Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien aber ab, auf schuldig oder nicht schuldig zu plädieren. Zu den elf Anklagepunkten muss er nun bis zum nächsten Gerichtstermin am 4. Juli Stellung nehmen.

Mladic sitzt nun unter höchsten Sicherheitsbedingungen in Scheveningen ein.

Mladic sitzt nun unter höchsten Sicherheitsbedingungen in Scheveningen ein.

(Foto: AP)

In einem grauen Anzug mit grauem Hemd und karierter Krawatte erschien Mladic vor dem niederländischen Richter Alphons Orie, der vor drei Jahren auch die erste Anhörung gegen den früheren bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic vor dem Tribunal geleitet hatte. Mladic beschrieb sich während der Anhörung als "einen schwer kranken Mann". Zuvor hatte er angegeben, "General Mladic" zu sein. "In der ganzen Welt weiß man, wer ich bin", fügte er hinzu. Als sein Geburtsjahr, um das es stets viele Spekulationen gab, er 1943 an. Er sei im Dorf Bozanovic in der Gemeinde Kalinovi im Südosten Bosnien-Herzegowinas geboren, so Mladic.

Der 69-Jährige Ex-General ist wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Kriegs von 1992 bis 1995 angeklagt. Er wird vor allem für das Massaker von Srebrenica mit 8000 Toten und die 44 Monate dauernde Belagerung Sarajevos verantwortlich gemacht.

Bewertung kommt automatisch

"Ich möchte diese abscheulichen Vorwürfe gegen mich lesen", forderte Mladic. "Ich will sie mit meinen Anwälten studieren." Er kündigte an, sich auch beim nächsten Termin nicht zu der Schuldfrage äußern zu wollen. "Ich brauche mehr als einen Monat für diese monströsen Worte, die ich noch niemals gehört habe", sagte Mladic. Er habe als General sein "Volk und Land verteidigt" und "keine Muslime oder Kroaten umgebracht". Bezieht Mladic zu den Vorwürfen bis zum 4. Juli nicht Stellung, wertet das Gericht dies als Plädieren auf nicht schuldig.

Richter Alphons Orie

Richter Alphons Orie

(Foto: dpa)

Mladic war nach 16 Jahren auf der Flucht vergangene Woche in Serbien gefasst und wenige Tage später an das Tribunal überstellt worden. Zuvor hatten ihm serbische Gesundheitsexperten Verhandlungsfähigkeit bescheinigt. In den vergangenen Jahren hatte Mladic seinem Anwalt Milos Saljic zufolge aber mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Demnach wurde er 2009 wegen Lymphdrüsenkrebs behandelt. Zudem soll er in der Vergangenheit drei Hirnschläge und zwei Herzinfarkte erlitten haben.

Die erste Anhörung in Den Haag wurde von einem großen Medieninteresse begleitet. Bereits hatten viele Journalisten aus aller Welt Stellung vor dem Gericht bezogen. Um zudem einen Andrang von Besuchern zu bewältigen, mietete das Gericht einen Raum in einem benachbarten Kongresszentrum und stellte dort Videoleinwände für eine Übertragung der Anhörung auf.

Tadic macht Druck

Unterdessen drängt Serbien nach der Auslieferung Mladics nun auf den Status als EU-Beitrittskandidat. Der Balkanstaat müsse zudem ein Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen erhalten, sagte Präsident Boris Tadic der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Serbien hat die gleiche Behandlung wie unser Nachbarland Kroatien verdient, dem gleichzeitig der Kandidatenstatus und das Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen verliehen wurden." Es gebe keinen Grund, Serbien anders zu behandeln.

Tadic will nun Fortschritte sehen.

Tadic will nun Fortschritte sehen.

(Foto: AP)

Die Ergreifung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers galt als Voraussetzung für einen Beitritt Serbiens zur Europäischen Union. Das Land muss zuvor aber noch demokratische, rechtliche und wirtschaftliche Reformen abschließen.

Tadic räumte ein, er glaube, dass Mladic bis Anfang 2008 von staatlichen Stellen bei seiner Flucht unterstützt worden sei. Mladic war - obwohl offiziell gesucht - Medienberichten zufolge immer wieder in der Öffentlichkeit zu sehen, etwa beim Besuch von Fußballspielen.

Quelle: ntv.de, jmü/rts/dpa/AFP

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