Auch windige Geschäftsleute? Montenegro lockt Reiche mit Pass
13.08.2010, 07:36 UhrDer kleine Staat will Reiche anlocken. Wer investiert, darf Bürger Montenegros werden. Nun gibt es Sorgen, dass windige Geschäftsleute durch dieses Schlupfloch in die EU finden.

Wer nimmt die neue Regelung in Anspruch und wird Neu-Montenegriner? (Im Bau befindliche Tourismusanlage in Becici an der südlichen Adria in Montenegro).
(Foto: dpa)
Es soll der große Wurf für die Regierung werden. Investiert ein Ausländer eine Million Euro und beschäftigt wenigstens 20 Menschen, erhält er als Belohnung die Staatsbürgerschaft Montenegros. Mit dem neuen Pass können die Neubürger ohne Kontrollen in den visafreien EU-Schengenraum reisen. Sollten sie dort straffällig werden, dürfen sie laut Verfassung von ihrem neuen Heimatstaat nicht ausgeliefert werden.
Shinawatra hat schon einen Pass
"Damit werden nur zweifelhafte Geschäftsleute, Kriminelle oder korrupte Politiker angezogen", schimpft Oppositionsführer Nebojsa Medojevic. Schon vor Kurzem hatte der wegen Korruption rechtskräftig verurteilte frühere thailändische Regierungschef Thaksin Shinawatra einen Montenegro-Pass erhalten. Zwar hatte er sich den persönlich abgeholt und große Investitionen in den Tourismus angekündigt - geschehen ist bisher aber nichts.
"Eine offene Einladung an zwielichtige Personen aus der organisierten Kriminalität, dass sie in Montenegro einen sicheren Hafen finden", kritisiert auch die Direktorin des Dachverbandes der Bürgerinitiativen (MANS), Vanja Calovic. "Die Regierung versucht, die EU zu betrügen", geißelt die bekannte Bürgerrechtlerin die neuen Vorschriften.
Die Zeitungen spekulieren bereits, wer diese Regierungsverordnung zuerst in Anspruch nehmen könnte. Erwähnt werden der frühere Formel-1-Rennstallbesitzer Edmund Jordan oder die beiden russischen Oligarchen Roman Abramowitsch und Oleg Deripaska. Beide Russen werden angeblich mit ihren Superjachten in der neuen Marina "Porto Montenegro" des kanadischen Investors Peter Munk in Tivat an der Bucht von Kotor erwartet.
Petar Ivanovic versteht die ganze Aufregung nicht. Der Chef der staatlichen Investitionsförderung (MIPA) versichert, alle Investoren würden vor der Ausgabe des neuen Passes auf Herz und Nieren geprüft. Beteiligt würden dabei auch "spezialisierte internationale Institutionen", die die Herkunft des angelegten Geldes verfolgten. Nach seiner Darstellung gibt es für Ausländer auch noch andere Wege zu einer montenegrinischen Staatsangehörigkeit. Man müsse entweder für 1,5 Millionen Euro Immobilien erwerben oder 200.000 Euro der Regierung spenden und 300.000 Euro in Grundstücke oder Wertpapiere anlegen.
Riesige Summen russischen Bargelds
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer hatte in dieser Woche über den "offenen Affront" Podgoricas gegen die EU geschimpft und die erneute Einführung der gerade erst abgeschafften Visumspflicht angedroht. Schon bisher tummelten sich in Montenegro Dutzende und Aberdutzende russischer Investoren, die mit riesigen Bargeldsummen auch die teuersten Grundstücke am Meer aufgekauft hatten. Inzwischen haben die ersten Klagen die heimischen Gerichte erreicht, weil vieles bei diesen Transaktionen schiefgelaufen sein soll.
Quelle: ntv.de, Thomas Brey, dpa