Politik

Berlusconi kandidiert bei Wahl Monti kündigt Rücktritt an

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Monti kündigt seinen baldigen Rücktritt an - was dann kommt, ist bisher unklar.

(Foto: REUTERS)

In die italienische Regierungskrise kommt Fahrt: Ex-Regierungschef Berlusconi kündigt an, im kommenden Jahr wieder Premier werden zu wollen. Zudem versagt seine Partei PDL dem derzeitigen Ministerpräsidenten Monti ihre Unterstützung. Dieser kündigt - nach nur 13 Monaten im Amt - seinen baldigen Rücktritt an.

Der italienische Regierungschef Mario Monti will zurücktreten. Monti halte es "nicht für möglich", sein Amt weiter auszuüben, teilte das Präsidialamt in Rom mit. Zuvor hatte die Partei des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, PDL, Monti im Parlament die Unterstützung entzogen. Berlusconi hatte zuvor bestätigt, dass er erneut in das Rennen um das Amt des Regierungschefs geht.

Der parteilose Reformer Monti, der nach Berlusconis Rücktritt im November 2011 an die Spitze einer Technokratenregierung gewählt wurde, legte seine Entscheidung in einem einstündigen Gespräch mit Staatspräsident Giorgio Napolitano dar. Er wolle umgehend feststellen, ob die parlamentarischen Kräfte bereit seien, das noch zur Abstimmung stehende Stabilitäts- und Haushaltsgesetz zu beschließen. Unmittelbar danach werde er seinen "unwiderruflichen Rücktritt" bekanntgeben.

Mit einer Verabschiedung des Gesetzes wird in Rom noch vor Weihnachten gerechnet. Die PDL kündigte ihre Zustimmung an. Es zeichnen sich bereits Wahlen zum Parlament am 10. März ab. Damit stünde eine Auflösung der beiden Kammern in etwa einem Monat an.

Monti habe seine Entscheidung damit begründet, dass Berlusconis Parteichef Angelino Alfano seiner Regierung praktisch das Misstrauen ausgesprochen habe. Napolitano habe diesen Schritt Montis mit Verständnis und Bedauern zur Kenntnis genommen, hieß es.

Berlusconi tritt erneut an

Montis Kabinett wurde bislang von den großen politischen Parteien Italiens mitgetragen. Doch in den vergangenen Monaten hatten Berlusconi und seine Parteikollegen zunehmend Kritik am Kurs der Regierung geäußert. Der Chef der PDL-Parlamentsfraktionen, Angelino Alfano, hatte Anfang der Woche im Parlament gesagt, seine Partei denke, die "Erfahrung mit der Monti-Regierung" sei "vorbei". Die PDL wolle aber ein "geordnetes Ende". In der Mitteilung des Präsidialamtes hieß es, diese Äußerungen kämen einem Misstrauensvotum gleich. Napolitano hatte daraufhin Konsultationen begonnen, um die vorgesehenen Wahlen nach Ende der Legislatur geordnet vorzubereiten.

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Berlusconi will es noch einmal wissen und erneut Premier werden.

(Foto: REUTERS)

Dass er erneut antreten will, hatte Berlusconi am Samstag in Cargnago in der Lombardei bestätigt. "Ich mache das noch einmal aus Verantwortungsbewusstsein heraus", sagte der im November 201 1 zurückgetretene Berlusconi. Er "trete an, um zu gewinnen" und kehre zurück, auch wenn ihm der Regierungspalast Chigi in Rom "nicht eine Minute" gefehlt habe. Der 76-Jährige kündigte für Sonntag ein Treffen seiner Partei an sowie Kontakte mit Vertretern seines früheren Koalitionspartners, der rechtspopulistischen Lega Nord. Er hoffe, dass sich beide Parteien auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen könnten, sagte Berlusconi. Seine Partei habe Monti mehr als ein Jahr lang unterstützt. Sie habe aber "immer gesagt, dass eine Politik des Sparens der Wirtschaft schadet", fügte er hinzu. "Alle Statistiken sind schlimmer als vor einem Jahr."

Für den Wahlkampf kündigte der schwerreiche Medienunternehmer "viele neue Gesichter" an. Er habe bereits zahlreiche Persönlichkeiten aus der Welt der Unterhaltung, des Sports und der Wissenschaft kontaktiert.

Alfano, Chef von Berlusconis Mitte-Rechts-Partei PdL, hatte bereits am Donnerstag mitgeteilt, dass Berlusconi erneut der Spitzenkandidat sein werde. Dazu meinte Berlusconi, die Partei habe einen anerkannten Führer gesucht, so wie er es zu Beginn seiner politischen Karriere 1994 gewesen sei, aber nicht gefunden. Berlusconi hatte sich gegen die Absicht seines Parteichefs gestellt, in Urwahlen den Kandidaten zu bestimmen.

Berlusconi kandidiert im Frühjahr zum sechsten Mal für das Amt des Ministerpräsidenten, das er in den vergangenen 20 Jahren bereits mehrere Male innehatte. Er wird in mehreren Verfahren von der italienischen Justiz belangt. Im Oktober wurde er wegen Steuerbetrugs in erster Instanz zu einer Haftstrafe verurteilt, außerdem wurde ihm für die Dauer von mehreren Jahren die Ausübung öffentlicher Ämter untersagt. In der Mitte-Rechts-Partei hatte es erheblichen Widerstand gegen eine erneute Kandidatur ihres Gründers Berlusconi gegeben.

Chancen für Bersani

Berlusconis zerstrittene Partei liegt in Umfragen seit langem nur noch an dritter Stelle. Am stärksten ist danach mit Abstand die Mitte-Links-Partei PD (Demokratische Partei) von Pier Luigi Bersani vor der populistischen Internet-Bewegung "Fünf Sterne" des Komikers Beppe Grillo.

Die sozialdemokratische PD wird ihren am vergangenen Wochenende nominierten Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani bei der Parlamentswahl ins Rennen schicken. Bersani hatte Berlusconi als "verantwortungslos" bezeichnet.

OECD warnt

Die Industrieländer-Organisation OECD warnte vor den Folgen wachsender Sorgen an den Finanzmärkten um die politische Stabilität Italiens. Ihr Chefvolkswirt Pier Carlo Padoan forderte von den Parteien ein klares Bekenntnis zum Reformkurs. Der frühere EU-Kommissar Monti gilt bei italienischen Euro-Partnern wie an den Märkten als Garant für den Sparkurs des hoch verschuldeten Landes.

In der Bevölkerung schmilzt die Zustimmung für Monti aber dahin. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts SWG im Auftrag des Rundfunksenders RAI sanken die Werte für den Regierungschef um drei Punkte auf 33 Prozent und damit den niedrigsten Stand seit seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr.

Quelle: ntv.de, sni/AFP/dpa

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