Jahrestag von Smolensk-Unglück Moskau gibt Absturzmaschine frei
10.04.2012, 18:09 Uhr
Trauerfeier am 2. Jahrestag des Flugzeugabsturzes.
(Foto: picture alliance / dpa)
Russland will sich der Rückgabe der polnischen Präsidentenmaschine nicht weiter versperren. In Warschau protestieren unterdessen tausend Nationalisten. Sie sind überzeugt, dass ihr Präsident Lech Kaczynski vor zwei Jahren einem Attentat zum Opfer fiel. Zuletzt facht sein Zwillingsbruder die Diskussion erneut an.
Vor dem zweiten Jahrestag des Flugzeugunglücks von Smolensk erklärte sich Russland bereit, die Wrackteile der abgestürzten Präsidentenmaschine an Polen zu übergeben. Voraussetzung sei aber, dass die Ermittlungen abgeschlossen seien, teilte die russische Untersuchungskommission mit. Erneut demonstrierten in Warschau tausend Nationalisten. Sie machen die polnische Regierung und Russland für den Absturz verantwortlich.
"Die russische Seite ist von nun an bereit, das Verfahren zur Rückgabe der Trümmer in Gang zu setzen", erklärte die russische Untersuchungskommission zu dem Unglück. Diese "materiellen Beweise" könnten jedoch erst nach dem Ende der Ermittlungen nach Polen gebracht werden. Eine exakter Termin für die Rückgabe steht offensichtlich noch nicht fest.
Bei dem Absturz nahe der westrussischen Stadt Smolensk kamen am 10. April 2010 alle 96 Insassen der polnischen Präsidentenmaschine ums Leben, darunter der damalige Staatschef Lech Kaczynski. Die politische Elite Polens befand sich auf dem Weg nach Russland, um der Opfer des sowjetischen Völkermords von 1940 zu gedenken. Vergangenen Sommer gab eine polnische Untersuchungskommission der eigenen Seite die Hauptschuld an dem Unglück. Als wesentlichen Grund nannten sie die mangelnde Ausbildung der Besatzung.
Polnische Nationalisten zweifeln an den Ergebnissen der Untersuchungskommission. Sie werfen der liberalen Regierung und den russischen Behörden vor, für das Unglück verantwortlich zu sein und vermuten einen Anschlag hinter dem Flugzeugabsturz.
Nationalisten boykottieren Trauerfeier
Der Zwillingsbruder des getöteten Staatschefs und Vorsitzender der nationalkonservativen Oppositionspartei für Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski, führte einen Protest von rund tausend Nationalisten vor dem Präsidentenpalast in Warschau an. Die Demonstranten boykottierten die offiziellen Feierlichkeiten zum zweiten Jahrestag. Bereits zum ersten Jahrestag des Smolensk-Unglücks hatten heftige Proteste die Trauerfeier begleitet.
Vor wenigen Tagen hatte Jaroslaw Kaczynski die Verschwörungs- und Anschlagstheorien neu angefacht. "Ich habe das Gefühl, dass Präsident Lech Kaczynski ermordet wurde", sagte sein Zwillingsbruder dem Onlineportal Onet. In Polen und im Ausland habe es Personen gegeben, denen der Tod Kaczynskis genutzt hätte. Jaroslaw Kaczynski forderte, dass die wahren Gründe für den Absturz endlich aufgeklärt würden. Nach einer Umfrage der "Gazeta Wyborcza" sind 32 Prozent der Befragten überzeugt, dass die russischen und polnischen Behörden die Wahrheit über den Absturz vertuschen, weitere 18 Prozent glauben an einen Anschlag auf Kaczynski.
Quelle: ntv.de, jni/AFP/dpa