Politik

Reaktion auf Bundestagswahl Moskau und Peking brauchen Kontinuität

Merkel legte stets Wert darauf, mit Moskau im Gespräch zu bleiben - hier bei einem Treffen mit Putin im August.

Merkel legte stets Wert darauf, mit Moskau im Gespräch zu bleiben - hier bei einem Treffen mit Putin im August.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Die ersten Stellungnahmen aus Moskau und Peking zur Bundestagswahl sind vorsichtig. Denn noch steht nicht fest, wer Kanzlerin Merkel nachfolgt. Beide Länder dürften ihr in gewisser Weise nachtrauern. Sie hoffen auf Kontinuität - und Moskau warnt sogar vor einem grünen Außenminister.

Nach der Bundestagswahl steht Deutschland vor einer schwierigen Regierungsbildung. Das zumindest lassen die ersten Äußerungen aus den Parteien vermuten. Nicht nur die deutsche Wirtschaft warnt bereits vor einer allzu langen Hängepartie. Auch im Ausland werden Sondierungen und Koalitionsverhandlungen aufmerksam verfolgt werden - in der Hoffnung auf eine schnelle Einigung.

Damit einher geht die Erwartung, dass die neue Regierung keinen radikalen Kursschwenk einleitet. Stattdessen hoffen Staaten in- und außerhalb der EU auf Kontinuität nach der langen Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel. Deutlich wird das etwa in den Reaktionen in Moskau und Peking auf den Wahlausgang. Auf Glückwünsche verzichten beide Regierungen vorerst, solange der neue Kanzler nicht feststeht. Stattdessen werden die bilateralen Beziehungen betont. Dass Merkel vermisst werden wird, schwingt dabei durchaus mit.

"Wir sind daran interessiert, dass die Beziehungen fortbestehen und ausgebaut werden", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau der Staatsagentur Ria Nowosti zufolge. "Uns eint die Einsicht, dass Probleme nur im Dialog gelöst werden können und sollten." Zudem hoffe Peskow auf "Kontinuität in unseren bilateralen Beziehungen".

Warnung vor grünem Außenminister

Der Kreml ist sich sehr wohl bewusst, dass Deutschland als Partner eine besondere Stellung einnimmt. Trotz etlicher Konflikte war Kanzlerin Merkel im Gegensatz zu einigen EU-Partnern stets bemüht, mit Moskau und Präsident Wladimir Putin im Gespräch zu bleiben. So verteidigte sie etwa stets die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2, die nach dem Willen Moskaus so schnell wie möglich in Betrieb gehen soll.

Trotz zunehmender Spannungen etwa wegen des Mordversuchs am Oppositionellen Alexej Nawalny oder wegen Hackerangriffen und russischer Wahlbeeinflussung warb Merkel stets auch für einen Dialog mit Russland. Ihre Russischkenntnisse dürften dazu beigetragen haben, dass sie in Moskau als Gesprächspartnerin zumindest respektiert wurde.

Mit dem Abtritt der Kanzlerin läuft der Kreml nun Gefahr, diesen offenen Gesprächskanal zu verlieren. Im schlimmsten Fall sähe sie sich mit einer deutlich kritischeren Bundesregierung konfrontiert. Der russische Außenpolitiker Konstantin Kossatschow sieht insbesondere die Möglichkeit eines grünen Außenministers skeptisch. Das wäre eine nicht sehr vielversprechende Perspektive, schrieb er bei Facebook.

"Zwar sind die Grünen nicht mehr die systemfeindlichen Rebellen der 1990er-Jahre." Aber sie nehmen bei "uns wichtigen Themen fast immer scharfe antirussische Positionen ein", schrieb er und verwies etwa auf die Gas-Pipeline Nord Stream 2 und die Einverleibung der ukrainischen Halbinsel Krim.

Extra-Lob für Merkel aus Peking

Ähnlich wie Moskau geht es Peking. So liest sich auch die Mitteilung zur Bundestagswahl, in der China die Hoffnung auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit mit Deutschland äußerte. Auf konkrete Glückwünsche wurde vorerst verzichtet. "Wir nehmen zur Kenntnis, dass die vorläufigen Ergebnisse der Stimmenauszählung der Bundestagswahl bekannt gegeben wurden", sagte Hua Chunying, eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums.

"Wir hoffen und erwarten, dass die neue deutsche Regierung ihre pragmatische und ausgewogene China-Politik fortsetzt", sagte die Sprecherin weiter. Ausdrücklich lobte sie den Einsatz von Merkel, die in ihrer Amtszeit großen Wert auf den Ausbau der Beziehungen zur Volksrepublik gelegt habe. "China weiß dies sehr zu schätzen", so Hua Chunying.

Das Lob kommt nicht von ungefähr. Obwohl Merkel bei ihren China-Reisen und Treffen mit chinesischen Vertretern durchaus auch Menschenrechtsfragen und Konfliktpunkte ansprach, wurde sie in Peking für ihre Verlässlichkeit geschätzt - und für ihre Unterstützung der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen.

Dass sich Peking weiterhin eine "ausgewogene" China-Politik wünscht, kann vor allem vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen China und den USA verstanden werden. Anders als Washington hat Berlin unter Merkel auf einen einseitigen Konfrontationskurs verzichtet - wie auch die EU insgesamt. Eine Bundesregierung, die sich dem China-Kurs der USA anschließt oder eine kritischere China-Politik anstrebt, ist nicht im Sinne Pekings. Wie in Moskau herrscht auch hier der Wunsch nach Kontinuität vor. Und ein gewisser Abschiedsschmerz nach dem Ende der Ära Merkel.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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