Politik

Stimmung bei den G8-Blockierern Müde, glücklich, bestens versorgt

Müde, glücklich, widerspenstig: Am Morgen nach dem Beginn der Blockaden von Heiligendamm sind die Demonstranten fest entschlossen, den Landweg zum G8-Gipfel weiter abzuschneiden. Auch wenn die Polizei wieder Wasserwerfer einsetzt und stellenweise rigoros Straßen räumt. "Haut ab, haut ab!" skandieren die Demonstranten. Am zweiten Tag des Gipfels wollen die Aktivisten nur eines - möglichst nah am Zaun durchhalten. Am besten bis Freitag.

Der Überraschungscoup vom Mittwoch wird groß gefeiert. "16.000 Polizisten hatten keine Chance gegen fünf Finger", feixt der Sprecher der "Block-G8"-Aktivisten, Christoph Kleine, am Donnerstag in Rostock vor der Presse. Er spielt damit auf die Taktik vom Vortag an, mit der die Gruppen die Polizei durch gezieltes Auseinanderrennen austricksten.

Szenen vom Donnerstagmorgen: Bei der Blockade am Ost-Tor des Zauns um Heiligendamm herrscht bei den etwa 400 Demonstranten ausgelassene Stimmung. Wärmedecken aus der Nacht werden zum Sonnenschutz umfunktioniert, aus Zeitungen basteln Demonstranten Sonnenhüte. Jeder Neuankömmling aus umliegenden Zeltlagern wird mit lautem Applaus begrüßt.

Gute Versorgung

Die Demonstranten sind bestens organisiert. Unterstützer versorgen die Protestler zum Beispiel mit Brot, Käse und Trinkwasser. Am Mittag steht Couscous mit Rote Beete auf dem Speiseplan. "Wir können uns jetzt richtig häuslich einrichten hier", tönt es aus einem Lautsprecher. Die Waren werden über Feldwege an der auf den Straßen postierten Polizei vorbeigeschmuggelt. Ein Auto bringt auch Medikamente und Tampons - wie ein Mann unter lautem Gejohle verkündet.

"Es gibt hier Leute mit schweren Problemen wegen Heuschnupfen, andere sind nach dem langen Tag gestern dehydriert", berichtet Felix Vorwerk, der eine Versorgungs-Infrastruktur zwischen Camps und Blockaden aufbauen will. Unterstützung kommt aber auch von den Bewohnern in Börgerende. "Die bringen uns kostenlos Kaffee und füllen unsere leeren Wasserflaschen wieder auf", erzählt eine 23-Jährige Studentin aus Russland. Ein Bauer habe den Demonstranten angeboten, sein Feld als Toilette zu nutzen. Die junge Frau will bis zum Ende des G8-Gipfels bei der Blockade ausharren.

In der Blockade an der Galopprennbahn herrscht am Donnerstagmorgen Festtagsstimmung. Die Polizei hat sich fast völlig zurückgezogen und bewacht nur noch die Einfahrt zur Kontrollstelle nach Heiligendamm. Ungestört können die Demonstranten selbst bis unmittelbar an den Zaun heran laufen und Fotos knipsen. Ausgelassen ruft eine Demonstrantin in die Videokamera ihrer Freundin: "Hey, guckt mal, wie weit wir gekommen sind!" Auch zahlreiche Touristen nutzen die Bewegungsfreiheit in der eigentlich verbotenen Zone, um einmal einen Blick auf den Zaun zu werfen.

Auf dem Zufahrtsweg zum Kontrollpunkt Hinter Bollhagen demonstriert die Staatsmacht ihre Stärke. Rigoros unterbinden Beamte Versuche von Demonstranten, die Straße zu blockieren. Es kommt zu Rangeleien, im Laufschritt eilen Polizisten heran, zwei Wasserwerfer fahren auf. Aus einem Lautsprecher ertönt die Durchsage: "Entfernen Sie sich von der Straße, oder wir werden den Wasserwerfer einsetzen." Dann werden sie auch eingesetzt. Aber die Demonstranten wollen nicht weichen.

Arved Gintenreiter, Marc Herwig und Andreas Hoenig, dpa

Quelle: ntv.de

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