Politik

Verfahren zu Bundespräsidentenwahlen Müller darf nicht mitentscheiden

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(Foto: picture alliance / dpa)

In Deutschland gilt eine strikte Gewaltenteilung – dementsprechend stieß Peter Müllers Sprung vom Ministerpräsidenten zum Verfassungsrichter auf Kritik. Dass er jetzt im Fall eines möglichen Verfahrensfehlers bei Bundespräsidentenwahlen ausgeschlossen wird, stellt die alte Frage: Kann ein ehemaliger Politiker ein unabhängiger Richter werden?

Eben noch Ministerpräsident in Saarbrücken, kurz darauf Verfassungsrichter in Karlsruhe - Peter Müller hat einen raschen Karrierewechsel hinter sich. Nun holte die Vergangenheit den früheren CDU-Politiker ein: Im Streit über mögliche Verfahrensfehler bei Bundespräsidentenwahlen darf Müller nicht mitentscheiden. Bestätigt sich damit die Kritik an der Wahl des 56-Jährigen im vergangenen November?

Vor allem SPD und Grüne hatten Front gegen den Juristen gemacht, der vor seiner Politikkarriere nur vier Jahre lang als Richter tätig war (aber ein exzellentes Examen hatte). Die Kritik war nicht ohne Hintergedanken - die Wahl der Verfassungsrichter ist nicht wesentlich transparenter als die eines Papstes, und dabei lässt sich mit ein wenig öffentlicher Krittelei möglicherweise etwas mehr Verhandlungsgewicht herbeireden. Dennoch schien bei Müller die Frage durchaus berechtigt: Kann ein Parteipolitiker nach so langer Zeit noch wirklich unabhängig sein.

Mitglied der Bundesversammlung

Ende 2011 nahm Wulff Müller den Eid zum Richter des Bundesverfassungsgerichts ab.

Ende 2011 nahm Wulff Müller den Eid zum Richter des Bundesverfassungsgerichts ab.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Entscheidung seines Ausschlusses ist allerdings kein Beleg für das Gegenteil: Müller wurde schon aus formalen Gründen aus dem Verfahren genommen. Denn das Gesetz bestimmt: Ein Richter ist von der Entscheidung ausgeschlossen, "wenn er in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen ist".

Müller war als Mitglied der Bundesversammlung an der Wahl der Präsidenten Horst Köhler im Jahr 2009 und Christian Wulff im Jahr 2010 beteiligt. Und als Richter hätte er nun über die Beschwerde eines NPD-Politikers gegen just diese Wahlen mitentscheiden müssen. Diesen möglichen Konflikt hat das Gericht verhindert.

"Auskühlzeit" zwischen Jobwechsel

"Das ist eine völlig klare, selbstverständliche Entscheidung", sagt der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Jerzy Montag. Er gehörte im vergangenen Jahr zu den schärfsten Kritikern der Berufung Müllers. Ganz vom Gericht ausschließen will er ehemalige Politiker aber nicht. Es müsse nur eine Art "Auskühlzeit" geben. "Ich finde, es sollte niemand praktisch direkt vom Posten eines aktiven Politikers auf den Posten eines Verfassungsrichters wechseln."

"Man hat gewusst, was man tut, als man Herrn Müller dahin gewählt hat, und das es dann durchaus Verfahren geben kann, bei denen er ausgeschlossen ist", sagt die ehemalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). Das sei aber kein generelles Plädoyer gegen ehemalige Politiker am Gericht - nur zu viele dürften es nicht werden. "Das Gericht profitiert von der Vielzahl der juristischen Berufe."

Ausschluss kein Einzelfall

Die Ablehnung von Verfassungsrichtern ist kein Einzelfall - und betrifft nicht nur Politiker: So wurden Udo Di Fabio und Wolfgang Hoffmann-Riem von Verfahren ausgeschlossen, bei denen sie zuvor als Prozessbevollmächtigte tätig gewesen waren. Und die ehemalige Gerichtspräsidentin Jutta Limbach lehnte sich in einem Verfahren gegen ehemalige DDR-Grenzoffiziere selbst ab - sie hatte sich als Berliner Justizsenatorin wiederholt für die Verfolgung derer ausgesprochen, die für die Todesschüsse an der Grenze verantwortlich waren.

"Natürlich besteht die Gefahr, dass profilierte Leute, die nach Karlsruhe kommen, in der einen oder anderen Sache befangen sind, weil sie sich damit schon in anderer Position befasst haben", sagt der langjährige "Spiegel"-Korrespondent Rolf Lamprecht, der mehr als 30 Jahre lang aus Karlsruhe berichtete. Das sei aber kein Grund, keine Politiker mehr ans Gericht zu berufen. ""Die Parteien wären falsch beraten, wenn sie versuchen würden, ideologische Erfüllungsgehilfen nach Karlsruhe zu schicken. Letztlich kommt es darauf an, ob jemand juristisch und argumentativ überzeugt."

Quelle: ntv.de, von Jochen Neumeyer, dpa

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